Wann das Einheitliche Europäische Patentgericht wirklich beginnen kann, ist nach wie vor ungewiss. Sicher ist nur, dass der angestrebte Termin zum Ende das Jahres 2017 auf keinen Fall gehalten werden wird. Das Europäische Patentamt hat kürzlich dennoch einen neuen Leitfaden zum Europäischen Einheitspatent herausgegeben.
Der Leitfaden stellt in 40 Seiten die Struktur, Details und natürlich die Vorzüge des zukünftigen Europäischen Einheitspatents vor. Besonders betont das Europäische Patentamt (EPA) die Kostenwirksamkeit des einheitlichen Schutzes, da die neue Patentform wesentlich kostengünstiger sei als herkömmliche nationale oder europäische Patente.
Kosten des Europäischen Einheitspatents
Die Jahresgebühren für die ersten 10 Jahre – die durchschnittliche Lebensdauer eines Patents laut Europäischem Patentamt (EPA) – würden sich auf weniger als 5.000 Euro belaufen. Ein volles 20-jähriges Patent würde seinen Inhaber dann fast € 36.000 an Verlängerungsgebühren kosten. Denn die Verlängerungsgebühren werden als kombinierte Jahresgebühren errechnet, die sich an den jeweils vier höchsten Gebühren orientieren, in der Regel die der Länder Deutschland, Frankreich, England und Niederlande.
Beim Vergleich der Kosten eines Einheitspatents mit denen eines klassischen europäischen Patents sei nicht nur die Höhe der Jahresgebühren zu berücksichtigen, sondern auch die Kosten, die mit der Validierung und Aufrechterhaltung eines klassischen europäischen Patents verbunden seien, heißt es im neuen Leitfaden des EPA. Und meint damit Übersetzungs- und Veröffentlichungskosten, auch Honorare, sowie Gebühren der Landespatentämter.
Zentralisierung als großer Vorteil eines Europäischen Einheitspatents
Weitere Vorteile stellt der Leitfaden für das Europäische Einheitspatent vor:
Starkes zentralisiertes Patentrecht
Ein europäisches Einheitspatent würde das zentralisierte Patentrecht stärken. Das EPA würde als zentrale Anlaufstelle für die Erlangung, Erhaltung und Verwaltung von Einheitspatenten fungieren, inklusive der Vorvergabeverfahren mit einem zentralisierten Nachvergabeverfahren.
Fragmentierung
Augenblicklich müssen Unternehmen möglicherweise in allen Ländern, in den ihr europäisches Patent validiert ist, individuell klagen. Solch eine Fragmentierung der Verfahren ist teuer und aufwändig, hinzu kommt rechtliche Unsicherheit. Das europäische Einheitspatent würde einen möglichen Rechtsstreit zentralisieren.
Unkompliziert und günstig
Das EPA weist darauf hin, dass die bisherigen Validierungsanforderungen in den teilnehmenden Mitgliedstaaten hohe Kosten verursachen, insbesondere für Übersetzungen, Honorare und Gebühren. Einheitliche Patentinhaber zahlen zukünftig innerhalb der Fristen nur einen einzigen Betrag, wenn sie eine Verlängerungsgebühr an das EPA zahlen, in einer Währung und unter einer einzigen gesetzlichen Regelung in Bezug auf Fristen und zulässige Zahlungsmittel.
Wann und wer kann ein europäisches Einheitspatent beantragen?
Ein Europäische Einheitspatent kann für jedes Europäische Patent beantragt werden, das erteilt wurde oder wird für oder ab dem Geltungsdatum 17. Dezember 2012 (Verordnung (EG) Nr. 1257/2012 und (EU) Nr. 1260/2012). Und natürlich, nachdem das Einheitliche Europäische Patentgericht (Unified Patent Court, UPC) wirklich begonnen haben wird. Damit ist nicht so schnell zu rechnen: vor allem Westminster und auch Deutschland sind säumig bei der Ratifizierung, wie wir bereits berichteten. Da in Deutschland sogar das Bundesverfassungsgericht angerufen wurde, ist ein Termin für den tatsächlichen Start für das UPC derzeit nicht gesetzt.
Geltungsgebiet zum Europäischen Einheitspatent dehnt sich nicht sukzessiv aus
Und noch etwas gilt es zu beachten: die territoriale Geltung des europäischen Einheitspatents gilt nur für diejenigen Länder, die zum Zeitpunkt der Erteilung dieses Patents dem UPC beigetreten sind. Ein einheitliches Patentgebiet eines europäischen Einheitspatents dehnt sich nicht auf andere Mitgliedstaaten aus, die den Vertrag erst ratifizieren. Um sicher zu sein, dass die gewünschten Länder bereits das UPC ratifiziert haben und damit zum einheitlichen Patentgebiet zählen, empfiehlt sich ein Blick in den stets aktuellen Ratifizierungs-Index.
Noch einmal eine kurze Artikelübersicht zum Europäischen Einheitspatentgericht:
August 2015: EU-Einheitspatentgericht: Was die Verfahren kosten
Februar 2017: Trotz „hartem Brexit“: Europäisches Patentgericht soll im Dezember starten
März 2017: Bundestag gibt grünes Licht für Neuregelung im Patentrecht
Juli 2017: Unbekannter Kläger bremst Ratifizierung aus
September 2017: neues Positionspapier der EU Kommission für Patentschutz nach dem Brexit
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Unitary Patent Guide des Europäischen Patentamts
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