Gilt ein internationales Patent bzw. ein eingetragener Markenschutz in England auch noch nach dem Brexit? Letzte Woche legte die europäische Kommission ein neues Positionspapier vor zu Schutzrechten für geistiges Eigentum.
Während der Brexit und seine Folgen aus den aktuellen Schlagzeiten verschwunden sind, wird für den internationalen Schutz von geistigem Eigentum die Frage immer wichtiger: gilt ein internationales Patent bzw. ein eingetragener Markenschutz in England auch noch nach dem Brexit? Gilt ein Schutz im Vereinigten Königreich auch noch, wenn der Austritt vollzogen ist? Immerhin haben Patente und Schutzrechte eine Gültigkeit bis weit nach dem Brexit.
Positionspapier nennt Prinzipien für internationale Schutzrechte für geistiges Eigentum nach dem Brexit
Entsprechend sind auch diese Vertragsregelungen und Neuordnungen Teil der offiziellen Brexitgespräche zwischen Europäischer Union (EU) und Vereinigten Königreich (United Kingdom (UK)). Von Seiten der EU ist man sehr bemüht, für Rechtssicherheit zu sorgen. Letzte Woche legte die Europäische Kommission und ihre zuständige Arbeitsgruppe (Task Force for the Preparation and Conduct of the Negotiations with the United Kingdom under Article 50 TEU) ein Positionspapier vor zu Intellectual property rights including geographical indications. Die hier genannten Prinzipien für die Austrittsvereinbarungen betreffen also sowohl den Patent- als auch den Markenschutz.
Fünf Positionen sind formuliert und werden seit dem 7. September in der Arbeitsgruppe des Rats der EU diskutiert und dann auch mit dem UK verhandelt. Im Detail sollen die Austrittsvereinbarungen sicherstellen dass:
- Auch nach dem Austritt aus der EU soll der einheitliche Charakter der erteilten Schutzrechte in UK und der EU erhalten sein.
- verfahrensrechtliche Rechte (z. B. Recht auf Vorrang) in Bezug auf einen Antrag auf ein geistiges Eigentumsrecht mit einheitlichem Charakter innerhalb der Union, der noch am Austrittstag anhängig ist, gehen bei der Beantragung eines gleichwertigen geistigen Eigentums im Vereinigten Königreich nicht verloren.
- Anträge auf ergänzende Schutzbescheinigungen oder für die Verlängerung ihrer Laufzeit im Vereinigten Königreich vor dem Widerrufsdatum werden nach den im Unionsrecht festgelegten Bedingungen abgeschlossen.
- Datenbanken, die in der EU27 und dem Vereinigten Königreich vor dem Widerrufsdatum geschützt sind, genießen nach diesem Zeitpunkt weiterhin Schutz. Die Erschöpfung der Rechte vor dem Widerrufsdatum, die durch die Rechte des geistigen Eigentums verliehen werden, wird innerhalb der Union durch Austritt des UK nicht beeinträchtigt.
- Die Erschöpfung der Rechte vor dem Widerrufsdatum innerhalb der Union, die durch die Rechte des geistigen Eigentums verliehen werden, ändert sich auch nach dem Austritt des UK nicht.
(Aus dem Englischen übersetzt: Position paper transmitted to EU27 on Intellectual property rights)
Darüber hinaus fordert die EU in ihrem Positionspapier die automatische Anerkennung eines geistigen Eigentumsrechts im Vereinigten Königreich auf der Grundlage eines bestehenden geistigen Eigentumsrechts mit einheitlichem Charakter innerhalb der Union. Damit deckt das Positionspapier wichtige Regelungen für internationale Schutzrechte ab. Sollten diese Prinzipien zwischen EU und UK vereinbart werden, wäre das eine große Erleichterung für alle Markenschutzanmelder, die nach dem Brexit Schutz für ihr geistiges Eigentum auf internationaler Ebene suchen.
Europäisches Patentgericht soll internationales Patentschutz vereinfachen
Dass auch die Briten Interesse an einer Einigung haben, signalisierten sie bereits im letzten Jahr. Die Briten hatten im November 2016 verkündet, trotz des Brexit-Votums am Europäischen Patentgericht (Unified Patent Court (UPC)) festzuhalten.
Das neue Gericht soll für alle europäischen Patente zuständig sein, die zum Zeitpunkt seiner Einrichtung erteilt wurden. Die Verfahren vor dem Einheitlichen Patentgericht sollen die bisherigen Patentstreitigkeiten vor nationalen Gerichten ablösen. Mit dem Einheitlichen Patentgericht wird es also möglich sein, ein europäisches Patent, sollte es verletzt werden, in einem einzigen Verfahren EU-weit durchzusetzen. Das soll den Aufwand und die Kosten vermeiden, die durch die Verfahren in den einzelnen Ländern entstehen und die sich derzeit schnell summieren können.
Schottland bringt die Ratifizierung für das Europäische Patentgericht trotz Brexit voran
In der vergangenen Woche ist Bewegung in diesen Prozess gekommen: Schottland bringt die Ratifizierung für das UPC voran. Eine formelle Urkunde (statutory instrument, (SI)), genauer gesagt die „Order on Privileges and Immunities„, die dem Gericht seine „Rechtspersönlichkeit“ in Großbritannien verleiht, wurde dem schottischen Parlament am 31. August vorgelegt. Die gleiche Urkunde wurde dem Parlament in Westminster bereits am 26. Juni vorgelegt, beide britischen Parlamente müssen über dieses Dokument debattieren und schlussendlich formell bestätigen. Die parlamentarische Anerkennung des SI ist wichtiger Bestandteil der Umsetzung des UPC-Vertrags in nationales Recht und Voraussetzung für den tatsächlichen Start des lange geplanten Europäischen Patentgerichts.
Die Parlamentssitzungen beginnen gerade wieder, in Schottland zum Beispiel war Montag der vergangenen Woche der erste Sitzungstag, das nach den Neuwahlen neu zusammengesetzte britische Parlament trat am 5. September zusammen. Die Debatten werden aber noch einige Zeit benötigen, in Schottland geht man von ca. 55 Sitzungstagen aus. Westminster dagegen hat die eigentlich für Juli geplante Debatte gleich auf unbestimmte Zeit verschoben.
Deutschland vertrödelt die Ratifizierung auch
Auch in Deutschland verzögert sich die abschließende Ratifizierung. Die Verzögerung der deutschen Ratifizierung ist durch eine Verfassungsbeschwerde beim deutschen Verfassungsgericht und einen parallelen Eilantrag gegen das Gesetz zum Einheitlichen Patentgericht (Aktenzeichen: 2 BvR 739/17) verursacht worden. Daraufhin wies Bundesverfassungsgericht an, die bereits im Bundesparlament gebilligte Ratifizierung aufzuschieben, bis dieser Rechtsfall geklärt ist.
Zwei lose Enden im Brexit, egal ob die Austrittsvereinbarungen zum geistigen Eigentum oder die Ratifizierung des Europäischen Gerichtshof für den Patentschutz – aber immer noch Chancen.
Unsere bisherigen Artikel zum Thema „Brexit“ bzw. zum UPC finden Sie hier
- Einheitliches Patentgericht: Unbekannter Kläger bremst Ratifizierung aus
- Bundestag gibt grünes Licht für Neuregelung im Patentrecht
- Trotz „hartem Brexit“: Europäisches Patentgericht soll im Dezember starten
- Brexit: Negative Folgen für EU-Patentgericht
- Brexit: Konsequenzen für EU-weite Schutzrechte – Teil1
- Brexit: Konsequenzen für EU-weite Schutzrechte – Teil2
- Brexit: Auswirkungen auf das geplante EU-Patentgericht (UPC)
- Brexit: Auswirkungen für Inhaber geistigen Eigentums
- Trotz Brexit: Großbritannien will an einheitlichen Patentgericht festhalten
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Quellen:
Position paper transmitted to EU27 on Intellectual property rights)
Lawgazette scottish ratifikation
Einheitliches Patentgericht: Unbekannter Kläger bremst Ratifizierung aus
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