Rückschlag für den Schutz von graphischen Benutzeroberflächen in China: Das Chinesische IP Gericht in Peking hat die allererste Klage wegen der Verletzung eines Design Patents einer graphischen Benutzeroberfläche abgewiesen. Grund ist das aktuell geltende Patentrecht in China, welches einen partiellen Schutz von Designs verhindert.
Gut designte Graphische Benutzeroberflächen (GUI) erleichtern die Bedienung von technischen Geräten enorm. Um einen Anreiz zu schaffen, hochwertige GUIs zu entwickeln, gibt es für Entwickler die Möglichkeit einen Patentschutz auf ihre GUIs zu erhalten. Eine Ansicht welche auch in China vertreten wird, wo seit Mai 2014 die Anmeldung von GUI-Geschmacksmustern möglich ist.
Computer und Software: Keine Ähnlichkeit der Produkte
Die Chinesischen Softwarekonzerne Beijing Qihu Technology co. LTD und Qizhi Software co. LTD haben sich genau ein solches GUI schützen lassen, bzw. um genau zu sein einen „Computer mit GUI“ (Patentnummer ZL201430329167.3 und ZL201430324283.6). In der Folge wollten die beiden Unternehmen von ihrem Schutzrecht Gebrauch machen und haben am Pekinger Gericht für Geistiges Eigentum (Beijing IP Court) Klage gegen die Beijing Jiangmin Technology co. LTD eingereicht, da sie der Ansicht sind, dass Beijing Jiangmin Technology mit dem verwendeten GUI ihr geschütztes Design Patent verletzt. In der Anklage fordert man die Unterlassung der Nutzung des besagten GUI sowie einen Schadensersatz in Höhe von 5 Millionen RMB.
Pekings IP Gerichtshof hat jetzt am 25. Dezember die Klage abgewiesen, da weder eine Gleichheit noch Ähnlichkeit der Produkte bestehe. Der Grund: Beim Produkt des angeklagten Unternehmens handelt es sich ausschließlich um eine Software und nicht wie im Geschmacksmuster um eine Kombination aus Computer und Software.
Aktuelles Chinesisches Patentrecht lässt partielle Designs nicht zu
Nach dem geltenden Chinesischen Patentrecht sind partielle Designs alleine nicht zulässig und damit nicht schutzfähig. Sie müssen immer zusammen mit dem Trägerobjekt des Designs geschützt werden, beispielsweise mit dem Computer oder dem Mobiltelefon, mit dem sie dargestellt werden. Das heißt obwohl ein GUI alleine eine Software darstellt und dies der tatsächlich schützenswerte Teil des Geschmacksmuster ist, können aktuell GUIs nur in Verbindung mit Hardware, also einem Computer oder einem mobilen elektronischen Gerät, Patentschutz erhalten.
Eine Regelung, die aufgrund der stetig wachsenden Zahl von in China unter Patenschutz angemeldeten GUIs möglicherweise noch weitere Rechtsverfahren nach diesem Urteil nach sich ziehen wird.
Von Seiten des Pekinger IP Gerichtshof heißt es, man habe sich bei dem Urteil an den rechtlichen Rahmen gehalten. Und dieser regelt den Fall wie folgt: Bei dem vom Kläger angemeldeten Designschutz für seinen „Computer mit GUI“ handelt es sich laut dem Gesetz um ein Produkt aus der Klasse der Computer. Die vom Beklagten verwendete GUI mag zwar der geschützten GUI ähneln, doch wird rechtlich als ein Softwareprodukt klassifiziert. Somit handelt es sich zwar womöglich um ein sogar kopiertes GUI, jedoch um zwei verschiedene Produktklassen, womit das Gericht keine Patentschutzverletzung feststellen kann.
China verwendet ein spezielles Klassifizierungssystem für Waren und Dienstleistungen, in dem jede Klasse in verschiedene und zahlreiche Unterklassen eingeteilt wird. Diese Problematik, die aus westlicher Sicht unübersichtlich ist und eine Patent- und Markenschutzverletzung leicht ermöglicht, ist nicht nur im Patentrecht, sondern auch im chinesischen Markenrecht der Hintergrund vieler Rechtsverfahren. Wir berichteten ja bereits mehrfach dazu.
Designschutz in Deutschland
Aus deutscher Sicht ist es im Grunde erstaunlich, dass überhaupt Patente für GUIs erteilt wurden, und nicht etwa Geschmacksmuster. Denn ein Design lässt sich in Deutschland und in Europa ausschließlich unter Markenrecht schützen. Dann allerdings wird Markenschutz auch einfach für das Design selbst gewährt, ganz unabhängig von dem Trägerobjekt. Wie in China steigt auch in Deutschland und Europa die Anzahl der registrierten und geschützten Designs gerade im Bereich der GUIs stetig an.
Da das Urteil in erster Instanz gefällt wurde, haben die Kläger noch die Möglichkeit Einspruch gegen die Entscheidung einzulegen.
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Quelle:
Text: CHOFN.com
Bild: OpenClipart-Vectors / Pixabay.com / CC0 License || janjf93 / Pixabay.com / CC0 License