Wie erfolgt die korrekte Wertschätzung von älteren Marken? Das Vorgehen der Beschwerdekammer des EUIPO steht im Mittelpunkt des letzten Akts eines jahrelangen Markenstreits um Pumas Logo und seinen springenden Puma. Gestern wurde der Fall vor dem EuGH verhandelt.
Bereits im September 2016 lag der gestern verhandelte Fall dem EuG vor (T-159/15). Damals klagte Puma gegen die Entscheidung der Beschwerdekammer des Amts der Europäischen Union für geistiges Eigentum (EUIPO), in dem die Wertschätzung von Pumas älteren Marken nicht richtig berücksichtigt worden seien. Die Intensität der Wertschätzung von älteren Marken sei stets in der Gesamtbeurteilung des Vorliegens einer Beeinträchtigung im Sinne von Art. 8 Abs. 5 der Verordnung Nr. 207/2009 zu berücksichtigen, stellte das EuG letztes Jahr fest. Und dies gelte sowohl bei der Prüfung, ob zwischen den Marken eine Verbindung besteht, als auch bei der Prüfung, ob eine Beeinträchtigung im Sinne von Art. 8 Abs. 5 der Verordnung Nr. 207/2009 vorliegt, die gesonderte und unabdingbare Voraussetzungen sind.
Update vom 30. Januar 2018:
Puma im Schlussantrag des Generalstaatsanwalts siegreich gegen EUIPO
Wertschätzung älterer Marken ist wichtige Aufgabe für die Beschwerdekammer: der Staatsanwalt des EuGH gab Puma letzte Woche Recht in seinem Schlussantrag. Die Beschwerdekammer des EUIPO hätte entweder dazu auffordern müssen, zusätzliche Beweise für die Bekanntheit der älteren Marken vorzulegen. Oder sie hätte begründen müssen, warum die bisherigen Tatsachenfeststellungen zur Bekanntheit der älteren Marke im vorliegenden Fall nicht gelten sollten.
Hintergrund des Falls
Obwohl inzwischen das Verfahren zur Ermittlung der Wertschätzung der älteren Bildmarken der alleinige Streitpunkt in diesem Fall ist, liegt eine Klage gegen die Registrierung einer sehr ähnlichen Bildmarke diesem Fall zugrunde. Denn die italienische Gemma Group Srl hatte 2013 eine blaue springende Raubkatze als Unionsbildmarke beim EUIPO registrieren und eintragen lassen. Dagegen legte Puma Widerspruch ein und wies auf die sehr große Ähnlichkeit zu seinen älteren Bildmarken hin.
Zeitlicher Ablauf des Konflikts:
- 8. April: Blaue Katze der Gemma Group wurde als Bildmarke eingetragen 8. April 2013
- 8. Juli 2013: Widerspruch von Puma gegen die Erteilung
- 10. März 2014: die Widerspruchsabteilung wies den Widerspruch in vollem Umfang zurück
- 7. Mai 2014: Puma erhob nach den Art. 58 bis 64 der Verordnung Nr. 207/2009 beim EUIPO Beschwerde gegen die Entscheidung der Widerspruchsabteilung.
- 19. Dezember 2014: die Fünfte Beschwerdekammer des EUIPO wies Puma’s Beschwerde zurück
- 1 April 2015: Puma erhob Klage gegen die Entscheidung vor dem EuG
- 9. September 2016: EuG gab Puma Recht und hob die Entscheidung der Beschwerdekammer des EUIPO auf
- 7. November 2016: der EUIPO legte Widerspruch dagegen vor dem EuGH ein
Puma berief sich mit der Klage vor dem EuGH gegen das EUIPO im Wesentlichen auf drei Gründe:
- dass die Beschwerdekammer die Beweise hinsichtlich der Bekanntheit der älteren Marken zurückgewiesen und den Schluss gezogen habe, dass ihre Bekanntheit nicht nachgewiesen worden sei. Denn gleichzeitig sei festzustellen, dass einerseits die Bekanntheit der älteren Marken vom EUIPO in drei kürzlich ergangenen und durch mehrere nationale Entscheidungen bestätigten Entscheidungen festgestellt worden ist.
- eine Verletzung der Art. 75 und 76 der Verordnung Nr. 207/2009 dadurch, dass die Beschwerdekammer die Beweise für die Bekanntheit der älteren Marken geprüft habe, während die Widerspruchsabteilung diese nicht geprüft habe.
- eine Verletzung des Art. 8 Abs. 5 dieser Verordnung. Die Intensität der Wertschätzung der älteren Marken ist in der Gesamtbeurteilung des Vorliegens einer Beeinträchtigung im Sinne von Art. 8 Abs. 5 der Verordnung Nr. 207/2009 zu berücksichtigen, und zwar sowohl bei der Prüfung, ob zwischen den Marken eine Verbindung besteht, als auch bei der Prüfung, ob eine Beeinträchtigung im Sinne von Art. 8 Abs. 5 der Verordnung Nr. 207/2009 vorliegt, die gesonderte und unabdingbare Voraussetzungen sind.
Müssen – auch vollkommen eindeutige – Beweise übersetzt werden?
Im Verfahren kam zur Sprache, dass sich die Beschwerdekammer geweigert hatte, bestimmte Beweise zu berücksichtigen, die nicht übersetzt worden waren. Puma machte geltend, die Marktstudie betreffend Frankreich sei zwar auf Französisch verfasst, bedürfe aber hinsichtlich der Bekanntheit der älteren Marken keiner Übersetzung, da sie „vollkommen eindeutig“ sei. Außerdem sei die gleiche Studie im Rahmen anderer Widerspruchsverfahren vorgelegt worden, ohne dass die Stellen des EUIPO irgendeinen Einwand erhoben hätten.
Das EUIPO verweist dazu auf Regel 19 Abs. 3 der Verordnung Nr. 2868/95. Diese sieht vor, dass Nachweise in der jeweiligen Verfahrenssprache und innerhalb der Frist für die Einreichung der Originalunterlagen vorzulegen sind.
Die Beschwerdekammer hat daher zu Recht angenommen hat, dass die nicht in die Verfahrenssprache übersetzten Unterlagen nicht berücksichtigt werden konnten.
Beschwerdekammer des EUIPO hätte Beweise anfordern müssen
Der EuG stellt aber fest, dass die Beschwerdekammer unter den Umständen des vorliegenden Falles nach dem in den Rn. 18 bis 20 dargelegten Grundsatz der ordnungsgemäßen Verwaltung entweder die Klägerin hätte auffordern müssen, zusätzliche Beweise für die Bekanntheit der älteren Marken vorzulegen. Dies umso mehr in anderen Entscheidungen zu den strittigen Marken deren Bekanntheit von einer relativ großen Zahl nationaler Entscheidungen und einem Urteil des Gerichts bestätigt worden war. Alternativ hätte die Beschwerdekammer die Gründe dafür angeben müssen, warum sie der Ansicht war, dass die in diesen früheren Entscheidungen hinsichtlich der Bekanntheit getroffenen Tatsachenfeststellungen im vorliegenden Fall nicht gelten sollten.
Da dies nicht erfolgt war, gab der EuG dem Kläger Puma Recht. Die angefochtene Entscheidung sei insoweit aufzuheben, als darin der Widerspruch der Klägerin Puma zurückgewiesen worden ist, ohne dass die übrigen Klagegründe der Klägerin geprüft werden müssen. Da die Beschwerdekammer die Bekanntheit der älteren Marken nicht umfassend geprüft hatte, konnte der EuG seiner Ansicht nach nicht über den dritten Klagegrund einer Verletzung von Art. 8 Abs. 5 der Verordnung Nr. 207/2009 entscheiden.
Gestern wurde der Fall nun erneut vor dem EuGH verhandelt, das Amt der Europäischen Union für geistiges Eigentum forderte die Aufhebung des Urteils von 2016 (Rechtssache C-564/16 P). Die Urteilsverkündung kann mit Spannung erwartet werden. Denn für alle Unternehmen mit etablierten geschützten Marken bleibt die Wertschätzung Ihrer Marken ein hochaktuelles Thema.
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