Es liest sich wie eine Oper in drei Akten mit ähnlichen dramatischen Wendungen: Streitpunkt ist eine Apfelweinwirtschaft im Rhein-Main-Gebiet, die zeitweise verpachtet war. Darf ein ehemaliger Pächter, der sich Markenrechte an dem Namen dieser Apfelweinwirtschaft sicherte, ein gleichlautendes Lokal in Rhein-Main eröffnen?
Das Traditionslokal, eigentlich seit Jahrzehnten als Familienbetrieb geführt, wurde für fünf Jahre an einen Pächter verpachtet. Noch während der Vertragslaufzeit übernahmen neue Eigentümer die Apfelweinwirtschaft und kündigten den Pachtvertrag. Der Pächter wiederum sicherte sich Markenrechte auf den Lokalnamen, eröffnete ein gleichlautendes Lokal, ebenfalls im Rhein-Main-Gebiet, und brachte später einen Zusatz zum Lokalnamen an.
In drei Akten mussten die Frankfurter Richter den Rechtsstreit zwischen zwei Lokalbetreibern im Rhein-Main-Gebiet dirigieren.
Zum Sachverhalt
Ein seit mehreren Jahrzehnten in Familienhand betriebenes Apfelweinlokal verpachtet dieses für fünf Jahre mit Option zur Verlängerung an den Pächter (P). Dieser darf laut Pachtvertrag die bereits bestehende Bezeichnung für das Etablissement (Etablissementbezeichnung gem. § 15 MarkenG) für den Betrieb des Apfelweinlokals weiter verwenden; die Änderung der Bezeichnung darf nur unter ausdrücklicher Zustimmung des Eigentümers erfolgen. Der Eigentümer des Grundstücks und des Lokals verstirbt nach Optionsverlängerung während der Vertragslaufzeit. Der Erbe tritt in den Pachtvertrag ein, veräußert das Grundstück samt Apfelweinlokal allerdings an die Erbengemeinschaft (C-Gemeinschaft, auch C genannt) weiter, die wiederum in den Pachtvertrag mit P eintreten. Die neuen Eigentümer kündigen das Vertragsverhältnis zu P ordentlich, weil sie dem C das Lokal verpachten wollen. Noch vor Ende des Vertrages eröffnet P am anderen Standort im Rhein-Main-Gebiet ein weiteres Lokal, das genauso nennt, wie das erste Lokal, später aber einen Zusatz anbringt. Nach Auszug des P betreibt der C mit Zustimmung der Miteigentümer das Apfelweinlokal unter der gleichen Bezeichnung weiter.
Akt 1 – Pächter gegen Familienbetrieb
Nunmehr betreiben sowohl P als auch C jeweils ein Apfelweinlokal; der C unter der Bezeichnung, die schon seit Jahrzehnten an Ort und Stelle für das Lokal genutzt wird, der P am neuen Standort unter der gleichen Bezeichnung. Erst später bringt P an seinem Etablissement ein Zusatzzeichen an.
P mahnt C mit dem Argument ab, nicht C sondern P hätte das ausschließliche Recht zur Verwendung der Etablissementbezeichnung, außerdem hatte er die Bezeichnung schon als Marke in den Klassen 30, 33 und 43 (u.a. für Apfelwein) angemeldet, als die Erben in den Vertrag eingetreten waren. Eine weitere Marke in den Klassen 30, 33 und 43 (u.a. für Apfelwein) hatte P mit Zusatz auch noch angemeldet, als er sein Zweitlokal unter dem entsprechenden Zeichen veröffentlichte.
C und der Rest der Erbengemeinschaft sind der Ansicht, dass P nur das Recht zur Verwendung der Etablissementbezeichnung für die Dauer des Pachtvertrages zugestanden hatte, nicht aber, dass P die Bezeichnung übertragen erhalten hätte oder für weitere Lokale verwenden dürfe.
P beharrt jedoch auf seiner Position und führt an, er hätte die Etablissementbezeichnung vom Vorpächter im Rahmen eines Asset Deals erworben. Im Übrigen hatte es sich – trotz der so lautenden Bezeichnung – nicht um einen Pacht- sondern um einen Mietvertrag gehandelt. Schließlich stünden ihm auch die ausschließlichen Rechte aus den beiden Marken zu, deren Inhaber er ist.
Akt 2 – Pächter gegen Familienbetrieb die Zweite – Teil 1 im Eilverfahren
Das Landgericht Frankfurt am Main gibt dem Pächter im Eilverfahren sowie nach Widerspruch der Erbengemeinschaft in beiden Fällen Recht.
Dieser Ansicht stellt sich das OLG Frankfurt am Main auf Berufung der Erbengemeinschaft hin entgegen:
Es habe sich sehr wohl um einen Pachtvertrag gehandelt. Der Verpächter hatte ausweislich der entsprechenden Norm im Pachtvertrag nur die Benutzung der Etablissementbezeichnung gestattet und hatte nicht die Intention, das Zeichen an den Pächter zu übertragen.
Da die Erbengemeinschaft Eigentümer des Grundstücks geworden und in den Pachtvertrag mit P eingetreten sind, sind sie auch Inhaber der Etablissementbezeichnung geworden.
Das Zeichenrecht ist zwischenzeitlich nicht erloschen, denn der Betrieb unter der Etablissementbezeichnung ist zu keiner Zeit „nicht nur vorübergehend“ aufgegeben worden.
Nach Ansicht des Gerichts ist der jahrzehntelange Betrieb des Familienbetriebs durch die Verwandten der Erbengemeinschaft ausreichen glaubhaft gemacht worden.
Im Ergebnis darf nach vorläufiger Entscheidung des OLG Frankfurt am Main die Erbengemeinschaft ihr Apfelweinlokal im Rhein-Main-Gebiet weiter betreiben.
Akt 2 (Interlude) – Pächter gegen Familienbetrieb die Zweite – Teil 2 im Hauptsacheverfahren
Im von der Erbengemeinschaft erzwungenen Hauptsacheverfahren entscheidet das Landgericht Frankfurt am Main in Übereinstimmung mit der entsprechenden Rechtsansicht des OLG Frankfurt am Main aus dem Eilverfahren.
P legt Berufung ein.
Eine Berufungsbegründung folgt nicht, denn P nimmt wenige Zeit später das Rechtsmittel zurück. Somit erklärt das OLG Frankfurt am Main die Entscheidung des LG Frankfurt am Main in der Hauptsache für rechtskräftig.
Akt 3 – Familienbetrieb gegen Pächter
C und die Miteigentümer haben nun auch im Hauptsacheverfahren Gewissheit: Sie sind rechtmäßige Inhaber der Etablissementbezeichnung.
Die beiden Marken des P hätten wegen relativer Hinderungsgründe nicht in die Markenrolle eingetragen werden dürfen. P kann ihnen – jedenfalls im Rhein-Main-Gebiet – nicht verbieten, die Etablissementbezeichnung für den Betrieb von C’s Apfelweinlokal zu verwenden.
Nun mahnt die Eigentumsgemeinschaft den P ab, der die Etablissementbezeichnung weiterhin für seine Apfelweinwirtschaft in Frankfurt am Main verwendet. P hatte eine Internetdomain unter der Etablissementbezeichnung eingerichtet, die auf die Homepage des aktuellen Lokals hinweist. Dort und in dem eigentlichen Lokal wird die Etablissementbezeichnung mit Zusatz auf allen möglichen Gegenständen verwendet: Speisekarten, Schilder, dekorative Schilder und im Logo. Die Eigentumsgemeinschaft verlangt die Unterlassung der Verwendung ihrer Etablissementbezeichnung und die Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung.
P gibt letztere aber nicht ab und lässt anwaltlich erklären, dass er die vorangegangenen Gerichtsentscheidungen für falsch halte. Außerdem hätte er aufgrund der immateriellen Eigentumsrechte aus seinen Marken das Recht, diese auch uneingeschränkt zu verwenden.
Die Eigentumsgemeinschaft beantragt daraufhin beim Landgericht Frankfurt am Main, eine einstweilige Verfügung gegen P mit dem Inhalt zu erlassen, dass es diesem vorläufig untersagt würde, u.a. die Verwendung der Etablissementbezeichnung, seiner beiden Marken und die Domain für einen Apfelweinbetrieb im Rhein-Main-Betrieb zu verwenden und die die Etablissementbezeichnung tragenden Gegenstände im Betrieb an Dritte zu veräußern.
Gegen die erlassene einstweilige Verfügung legt nunmehr P Widerspruch ein. Er beruft sich darauf, dass die vorangegangenen Gerichtsentscheidungen falsch seien, er seinerzeit die Etablissementbezeichnung vom Vorpächter übertragen erhalten hätte, es sich seinerzeit um einen Mietvertrag gehandelt hätte, dass er seine Marken uneingeschränkt nutzen dürfe, dass er ja gar nicht die Etablissementbezeichnung verwenden würde, da er ja einen Zusatz angebracht habe, und dass im Übrigen etwaige Unterlassungsansprüche der Eigentumsgemeinschaft verwirkt seien; die Eigentumsgemeinschaft habe jahrelang geduldet, dass im Rhein-Main-Gebiet zwei Apfelweinbetriebe mit der gleichen Bezeichnung existierten.
Das Finale – Der Vergleich
Im Termin zur mündlichen Verhandlung über den Widerspruch gegen die einstweilige Verfügung gegen P erörterte das Gericht, dass es hier im Wesentlichen den gleichen Sachverhalt zu begutachten hätte, wie zuvor, nunmehr aber mit vertauschten Rollen. Insofern fühle man sich an die beiden rechtswirksamen Entscheidungen des OLG Frankfurt am Main gebunden.
Welche vermögenswerten Rechte genau und insbesondere ob die Etablissementbezeichnung dem P vom Vorpächter übertragen worden sein sollen, konnte P nicht darlegen. Außerdem war der ehemalige Pächter nicht zur Übertragung der Etablisssementbezeichnung berechtigt. Auch Zweifel an dem Pachtvertrag bestanden nicht.
Allerdings würde es hiesig an der für ein Eilverfahren notwendigen Dringlichkeit fehlen. Ein Argument, dass ausschließlich im einstweiligen Rechtsschutz eine Rolle spielt. Die Karten sähen im Hauptsacheverfahren für den Familienbetrieb im Lichte der vorangegangenen Entscheidungen gut aus.
Die Parteien verglichen sich.
P erkannte die ergangene einstweilige Verfügung als rechtsverbindlich an und die Eigentumsgemeinschaft gewährte eine Aufbrauchsfrist zum Ende des Jahres. Im Gegenzug verpflichtete sich P Zug um Zug gegen Kostenerstattung zur Übertragung der Domain und der beiden Marken, die die Etablissementbezeichnung enthielten.
Der Fall ist damit aber noch nicht ganz abgeschlossen. Denn die Parteien streiten aktuell darüber, ob sich die gewährte Aufbrauchsfrist auch auf die Übertragungsverpflichtung bezog.
Diese letzte kleine Frage wird sich allerdings schnell klären, sobald die Eigentumsgemeinschaft die vollstreckbare Ausfertigung des Vergleichs in den Händen hält. Damit können sie auf Kosten des P selbst beim DPMA und bei der DENIC die Übertragung der Marken bzw. der Domain beantragen.
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