„Made in Germany“ ist zwar nur eine schlichte Herkunftsbezeichnung, seit jeher steht es aber auch für hochwertige Produkte aus Deutschland. Es ist faktisch zu einem Qualitäts-Gütesiegel geworden. Doch wie viel vom Endprodukt oder welche Teile davon müssen tatsächlich in Deutschland hergestellt worden sein, um das Gütesiegel „Made in Germany“ tragen zu dürfen? Eine Übersicht unserer RAin Jeannine Zorn.
Made in Germany – ab wann darf das „Gütesiegel“ verwendet werden?
Allgemeiner Konsens ist, dass „zwar nicht der gesamte Produktionsprozess vom gedanklichen Entwurf bis hin zu[r] endgültigen Fertigstellung vollständig in Deutschland stattfinden muss“ (Bartenbach/Jung/Renvert, Aktuelles aus dem Wettbewerbsrecht – Verwendung von „Made in Germany“ in wettbewerbsrechtlicher Hinsicht und „notarielle Unterwerfungserklärung“ als Instrument zur Beseitigung der Wiederholungsgefahr im Wettbewerbsrecht, Mitteilungen der Deutschen Patentanwälte, Heft 1/2016), um das Siegel „Made in Germany“ zu tragen.
Der Verkehr kenne „das Phänomen der internationalen Arbeitsverteilung“ (Bartenbach/Jung/Renvert, a.a.O.) und erwartet daher nicht, dass ein Produkt, das mit der Angabe „Made in Germany“ beworben wird, zu 100% in Deutschland hergestellt worden sei. Der jeweils produktabhängige, maßgebliche Herstellungsvorgang müsse jedoch in Deutschland stattfinden, damit die Angabe „Made in Germany“ rechtmäßig gebraucht werden darf.
Nach einer Entscheidung des OLG Köln (Az. 6 U 156/13) genügt ein 90%iger Wertschöpfungsanteil in Deutschland, damit das Endprodukt unter der Bezeichnung „Made in Germany“ beworben werden kann.
„Zentraler Produktionsvorgang“: Auslegungssache?
Fall #1 – Schmiedekolben aus Italien
Im streitgegenständlichen Fall ging es um einen Kolben, der zwar in Italien geschmiedet worden ist aber der seine übrigen und aus Verkehrssicht wesentlichen Bestandteile erst im Produktionsvorgang in Deutschland erhalten hatte. Demnach hatte der „zentrale Produktionsvorgang“ in Deutschland stattgefunden. Das OLG Köln berief sich daneben auf die empfohlene Wertschöpfungsgrenze von 45% der Industrie- und Handelskammern.
Fall #2 – Qualitätskontrolle von Kondomen
Letztinstanzlich hat der BGH (Az. I ZR 16/14) entschieden, dass die Chargenprüfung und Qualitätskontrolle von Kondomen nicht hauptsächlicher Produktionsvorgang bei Kondomen sei. Diese sei lediglich die nachträgliche Kontrolle des Vorhandenseins der vorgesehenen Produkteigenschaften.
In diesem Fall mag es zwar wichtiger Teil des Produktionsprozesses sein, die Ware einer Qualitätskontrolle zu unterziehen, allerdings sei für die Irreführung bei der Verwendung der Angabe „Made in Germany“ ausschließlich auf das Begriffsverständnis des angesprochenen Verkehrskreise abzustellen. Im Falle von Kondomen habe das OLG (Az. 4 U 81/13) rechtsfehlerfrei festgestellt, dass der einschlägige Verkehrskreis den Herstellungsprozess nach Verpackung ab Werk als abgeschlossen ansieht.
Es käme weder darauf an, ob unter der Angabe „Made in Germany“ auch eine gewisse Qualität erwartet werde, noch darauf, dass der angesprochene Verkehrskreis im Fall von Kondomen in der Regel wisse, dass der Stoff, aus dem die Kondome hergestellt werden, nicht in Deutschland gewonnen werden kann.
Übrigens: es macht keinen Sinn, diese Rechtsprechung umgehen zu wollen, in dem man statt Germany eine beliebige andere Ortsangabe verwendet. Bereits das BPatG (Az. 27 W (pat) 35/14) hat mit Hinweis auf das Freihaltebedürfnis von geografischen Herkunftsangaben (§ 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG) die Anmeldung einer Marke mit entsprechendem Anteil abgelehnt.
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Quelle:
Text: BGH I ZR 16/14 | OLG Köln 6 U 156/13
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