Verliert Nestlé den EU-weiten Markenschutz für die Form seines vier-fingerigen Kit Kat Riegels? Konkurrent Mondelez versucht bereits seit der Eintragung beim EUIPO den Schutz der 3D-Marke aufzuweichen. 2016 verbuchte Mondelez vor dem Gericht der Europäischen Union (EuG) schon einen Teilerfolg. Jetzt hat EU-Generalanwalt Melchior Wathelet die Einsprüche von Nestlé und des EUIPO beurteilt.
EuGH 2016: Eintrag durch EUIPO fehlerhaft
Der Lebensmittelgigant mit Sitz in der Schweiz hatte im Jahr 2002 sein dreidimensionales „Kit Kat 4 Finger“ Zeichen beim EUIPO (Amt der Europäischen Union für geistiges Eigentum) als Unionsmarke angemeldet. Die Eintragung erfolgte 2006 für die Erzeugnisse „Bonbons; Bäckereierzeugnisse, feine Backwaren, Kleingebäck; Kuchen, Waffeln“. Ein Jahr später beantragte Mondelez, damals noch unter dem Firmennamen“Cadbury Schweppes“, erstmals die Nichtigkeitserklärung der Unionsmarke von Nestlé. Das EUIPO wies den Antrag 2012 jedoch zurück, mit der Begründung, dass die Marke aufgrund ihrer Nutzung Unterscheidungskraft in der Union besäße. Im nächsten Schritt zog Mondelez vor das Gericht der Europäischen Union (EuG) und verlangte die Aufhebung der EUIPO-Entscheidung.
Am 15. Dezember 2016 folgte das Urteil des EuGH: Die Entscheidung des EUIPO sei fehlerhaft, da die Unterscheidungskraft der Unionsmarke nur für einen Teil des Unionsgebiet nachgewiesen wurde. Insbesondere für die Mitgliedsstaaten Belgien, Irland, Griechenland und Portugal sei keine Überprüfung der Wahrnehmung der Marke in den betreffenden Verkehrskreisen vorgenommen worden. Damit habe das EUIPO laut EuGH-Urteil keine rechtsgültige Prüfung abschließen können.
Sowohl Nestlé, Mondelez als auch EUIPO mit Urteil nicht zufrieden
Sowohl Mondelez als auch Nestlé und das EUIPO haben gegen die Entscheidung des Gerichts der Europäischen Union Rechtsmittel eingelegt. Mondelez ist nicht einverstanden mit der Feststellung des EuG, dass die 3D-Marke in den Unionsländern Dänemark, Deutschland, Spanien, Frankreich, Italien, Niederlande, Österreich, Finnland, Schweden und Großbritannien durch die Benutzung Unterscheidungskraft erlangt habe.
Nestlé und das EUIPO sehen hingegen in dem Urteil den Grundsatz der Einheitlichkeit der Unionsmarke und des einheitlichen Marktes gefährdet. Nach Ansicht dieser beiden Parteien sei es für Inhaber von Unionsmarken nicht notwendig, die Unterscheidungskraft für jeden einzelnen Mitgliedsstaat nachzuweisen.
Generalanwalt Wathelet berät Gerichtshof
Jetzt hat sich EuG-Generalanwalt Melchior Wathelet mit dem Sachverhalt und den eingelegten Rechtsmitteln auseinandergesetzt und dem Gerichtshof seine Empfehlung für eine Entscheidung übermittelt.
In seinen Schlussanträgen vom 19.04.2018 geht er zunächst auf die Beschwerde von Mondelez ein. Diese sei unzulässig, da laut Satzung des Gerichtshofs nur Rechtsmittel von Parteien eingelegt werden können, die mit ihren Anträgen ganz oder zumindest teilweise unterlegen sind.
Bezüglich der Beschwerdemittel von Nestlé und des EUIPO hält Wathelet zunächst fest, dass es neben dem einheitlichen Unionsmarkt innerhalb der Union auch weiterhin nationale und regionale Märkte gebe. Zwar bräuchte es nicht explizit für jeden einzelnen Markt einen Nachweis über die Unterscheidungskraft der Marke, jedoch müsste nachgewiesen werden, dass die Beweise für die Unterscheidungskraft der Marke, mit denen die Unterscheidungskraft für die komplette Union bestimmt werden soll, einer geografisch repräsentativen Stichprobe entsprechen.
Nach Ansicht des Generalanwalts könnten somit Beweise, die für bestimme nationale oder regionale Märkte erbracht wurden ausreichen, um andere Märkte abzudecken, für die keine Nachweise vorgelegt wurden. Im Umkehrschluss bedeutet das aber nicht, dass durch den fehlenden Nachweis der Unterscheidungskraft in einem einzelnen Mitgliedsstaat auf eine fehlende Unterscheidungskraft in der kompletten Union geschlossen werden kann.
Nestlé versäumt Beweise für gültige Stichprobe vorzulegen
In dem vorliegenden Fall hat Nestlé damals bei der Anmeldung der Unionsmarke für fast alle Mitgliedsstaaten (Nur Luxemburg fehlte) Informationen über die Wahrnehmung seines „Kit Kat 4 Finger“ Riegels in den betreffenden Verkehrskreisen offengelegt. Für die Staaten Belgien, Irland, Griechenland und Portugal konnte dabei jedoch nicht explizit eine Unterscheidungskraft der 3D-Schokoriegelmarke nachgewiesen werden.
Nach der im vorherigen Abschnitt geschilderten Argumentation sei dadurch eine unionsweite Feststellung der Unterscheidungskraft grundsätzlich nicht ausgeschlossen. Jedoch hätte Nestlé nachweisen müssen, dass die Beweise für die festgestellte Unterscheidungskraft aus den Unionsländern Dänemark, Deutschland, Spanien, Frankreich, Italien, Niederlande, Österreich, Finnland, Schweden und Großbritannien auch für die belgischen, irischen, griechischen und portugiesischen Märkte Gültigkeit besäßen, bzw. als Stichprobe für das übrige Unionsgebiet gültig wären. Dieser Nachweis wurde jedoch nicht erbracht.
Generalanwalt Melchior Wathelet kommt somit in seiner Stellungnahme zu dem Entschluss, dass die Entscheidung des Gerichtshofs korrekt getroffen wurde und schlägt ihm vor, die Rechtsmittel von Nestlé und des EUIPO ebenfalls zurückzuweisen.
Empfehlungen des Generalanwalts sind zwar für den Gerichtshof nicht bindend, in den meisten Fällen folgt er ihnen aber.
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Quellen:
Text: Pressemitteilung des Gerichtshof der Europäischen Union vom 19.04.2018
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