Gerade ist „Fack ju Göthe 3“ in die Kinos gekommen – und dieser Filmtitel steht heute vor dem Europäischen Gericht. Das Gericht muss klären, ob der Filmtitel zu Recht als eine Markenanmeldung abgelehnt wurde: ein Fall um gute Sitten.
Als die Constantin Film AG mit der überaus erfolgreichen Filmtriologie begann, sollte „Fack ju Göthe“ bewusst die jugendliche Ausdrucksweise und gleichzeitig die humanistische Bildung auf die Schippe nehmen. Da es sich bei dem Film um eine Komödie handelte, war gerade ein lockerer, satirischer Filmtitel gewollt. Und man könnte sagen: der Erfolg gab dem Recht. Als Fack ju Göhte 2013 in die Kinos kam, war er mit einer Besucherzahl von knapp 7,4 Millionen einer der erfolgreichsten deutschen Filme. Ebenso auch die Fortsetzung Fack ju Göhte 2, die 2015 noch einmal ca. 7,7 Millionen Zuschauer in die Kinos brachte.
Update vom 25. Januar 2018: Urteil am EuG in erster Instanz gesprochen
Gestern lehnte das Europäische Gericht (EuG) in erster Instanz die Eintragung von Fack you Göthe als europäischen Markennamen ab. Die Bezeichnung Fack Ju Göhte verstöße gegen die guten Sitten und sei deshalb als Unionsmarke nicht eintragungsfähig.(Aktenzeichen T69/17).
Gewünscht: „Fack ju Göthe“ als geschützter europäischer Markenname
Dass es nun überhaupt zu einem Fall vor dem Europäischen Gericht kommt, liegt an der Constantin Film AG selbst. Denn im April 2015 beantragte die Filmgesellschaft die Eintragung als geschützte Unionsmarke im Europäischen Markenamt. Gewünscht war die Eintragung in die Nizzaklassen 3, 9, 14, 16, 18, 21, 15, 28, 30, 32, 33, 38 und 41. Darunter finden sich auch Klassen, deren Produkte sich vor allem an Kinder und Jugendliche richten, so die Klasse 16 mit Schreibwaren und sogar Lehr- und Unterrichtsmitteln, die Klasse 28 für Spiele und Spielzeug und die Klasse 41 für Erziehungs- und Unterhaltungsdienstleistungen sowie sportliche Aktivitäten.
Argumente für und gegen den Markeneintrag
Im September 2015 wurde der Antrag auf Markeneintragung mit Verweis auf Artikel 7 Absatz 2 UMV für alle angemeldeten Waren und Dienstleistungen abgelehnt, da die Anmeldung gegen die öffentliche Ordnung und die guten Sitten verstoße. Insbesondere ging das Europäische Markenamt auf folgende Punkte ein:
- „Fack ju“ sei im Deutschen als Slangausdruck für das englische „Fuck you“ bekannt, und es werde „Göhte“ mit dem Schriftsteller Johann Wolfgang von Goethe gleichgesetzt
- „Fack ju“ werde vom deutschen Publikum als Beschimpfung „Fick dich“ verstanden und damit als Aufforderung „mit sich selbst handelsüblichen Beischlaf auszuüben“. Mit dieser vulgären Beleidigung werde Abneigung gegenüber einer anderen Person zum Ausdruck gebracht.
- Zwischen „Fack ju“ und „Fuck you“ bestehe für den deutschsprachigen Verbraucher visuelle Ähnlichkeit und klanglich nahezu Identität.
Die Constantin Film AG legte Beschwerde gegen diese Entscheidung ein und antwortete mit folgenden Gegenargumenten:
- Der vulgäre Charakter sei nur für den Bestandteil „Fack ju“ analysiert und festgestellt worden. Die Markenanmeldung laute vollständig aber „Fack ju Göhte“. Es müsse also geprüft werden, ob der Ausdruck als Gesamtheit gegen die guten Sitten verstoße.
- Der Ausdruck „Fuck you“ habe keine sexuelle Bedeutung, sondern sei ein gängiger Fluch. Die Markenanmeldung „Fack ju Göhte“ verbalisiere dementsprechend in scherzhafter und jugendlicher Weise den allgemeinen Schulfrust, wobei der Schriftsteller lediglich ein Platzhalter sei.
- Außerdem verwies die Filmgesellschaft auf den außerordentlichen Besuchererfolg der Filmtriologie und behauptet, die Markenanmeldung „Fack ju Göhte“ verbreite und assoziiere Heiterkeit und Unterhaltung, der Filmtitel sei keineswegs anstößig oder beleidigend.
Fack ju Göthe: Verstoß gegen die guten Sitten?
Artikel 7 Absatz 1 Buchstabe f UMV untersagt die Eintragung von Marken, die gegen die öffentliche Ordnung oder gegen die guten Sitten verstoßen. Hierzu zählen alle Zeichen, deren Verwendung durch eine Vorschrift des Unionsrechts oder des nationalen Rechts verboten ist. Es besteht auch ein öffentliches Interesse daran sicherzustellen, insbesondere Kinder und Jugendliche weitestgehend davon zu verschonen, im allgemeinen Geschäftsverkehr mit Wörtern konfrontiert zu werden, die anstößig, obszön oder verstörend wirken. Beispiele dafür sind frühere Abweisungen für „fucking freezing!“ und „FUCK CANCER“. Das EUIPO hat auch Anträge auf Wortmarken wie „FML Fuck My Life“, „Fuck Art, Let´s Dance!“ und „Fuckin‘ Monday“ abgelehnt. Ebenso sind von einer Eintragung als Marke ausgeschlossen alle Zeichen, die offensichtlich entwürdigende, bösartige oder Rasse oder Kultur verunglimpfende Wirkung haben.
In diesem Zusammenhang kann in Fack ju Göthe möglicherweise gerade der Wortbestandteil Göthe als Sittenverstoß gewertet werden. Denn „Göhte“ sei nur als Platzhalter und quasi Synonym für Schulfrust zu verstehen, so die Filmgesellschaft. Wird der berühmte deutsche Schriftsteller Goethe damit in entwürdigender, respektloser und degradierender Weise dargestellt?
Es ist nicht die einzige Frage, die der Europäische Gerichtshof neu beantworten wird.
Eintragung von Marken mit beschreibendem Gehalt scheitert oft
Denn für die Eintragung einer Wortmarke sind weitere Gesichtspunkte wichtig, so auch der beschreibende Inhalt. Die Eintragung von Marken mit beschreibendem Gehalt scheitert regelmäßig. Grund dafür ist, dass der Verkehr nicht gehindert werden soll, eine Ware oder Dienstleistung als das zu bezeichnen, was sie ist. Beispiel dafür ist der Fall „Schnupperprobe“, wie wir berichteten. Der Filmtitel Fack ju Göthe nun sei mitnichten beschreibend für den Inhalt des Films und insbesondere Goethe spiele überhaupt keine Rolle darin, behauptet die Filmgesellschaft. Und so hat das Europäische Gericht angekündigt, sich eingehend mit dem Filminhalt selbst beschäftigen zu wollen, um diese Frage zu klären.
Das Unionsmarkenrecht tritt nicht an die Stelle der Markenrechte der Mitgliedstaaten. Nach ständiger Rechtsprechung ist die Unionsregelung für Marken ein autonomes System, das aus einer Gesamtheit von Vorschriften besteht, mit dem ihm eigene Ziele verfolgt werden und dessen Anwendung von jedem nationalen System unabhängig ist. Es ist daher möglich, dass eine Marke wegen sprachlicher, kultureller, sozialer und wirtschaftlicher Unterschiede in einem Mitgliedstaat nicht geschützt ist, wohl aber in einem anderen Mitgliedstaat oder auf Unionsebene (EU:C:2007:635,§ 57 bis 59 mwN; 15/07/2015, T-611/13, HOT, EU:T:2015:492, § 21, 60, 61)
Dass der Filmtitel Fack ju Göthe als Unionsmarke und vor dem Europäischen Gericht verhandelt wird, hat übrigens lediglich Auswirkungen auf die Eintragung einer europäischen Marke, nicht aber für Eintragung beispielsweise einer deutschen Marke. Denn am deutschen Markenamt gab es in den letzten Jahren durchaus Markenanmeldungen, die ebenfalls die Frage aufwerfen: verstößt das jetzt gegen die guten Sitten? So geschehen im Fall „Ficken“. Nutznießer ist aber auch die Constantin Film AG selbst. Seit 2015 ist sie Inhaberin der Wortmarke „Leck mich, Schiller“.
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Text:
EUIPO Trade Mark Decision Fack Ju Göthe
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