Ein Mohawk-Stamm im Bundesstaat New York steht im Zentrum eines kuriosen Patentrechts. Unternehmen verkaufen ihre Patente an den Indianerstamm und bezahlen ihn für die eigene exklusive Nutzung. Allergan machte den Anfang, nun sind Microsoft und Amazon die Leidtragenden.
Besondere Souveränität der Indianerstämme bietet Patentschutz
Amerikanische Indianerstämme genießen ein hohes Maß an Rechtsautonomie im amerikanischen Recht. In diesem Rechtsgebiet können die Patentrechte nicht durch Spezialgerichte widerrufen werden. Darüber hinaus genießen Indianerstämme in den USA Immunität gegen die Überprüfung des Patentamtsverfahrens.
Indianerstamm verklagt Microsoft und Amazon
Der Hintergrund zu dem aktuellen Fall: das Hardware-Unternehmen SRC Labs hatte im August diesen Jahres ca. 40 Patente an den Indianerstamm abgetreten. Pikant daran ist, dass diese Patente laut U.S. amerikanischem Fernsehsender CNBC kurz davorstanden, ihren Schutzstatus zu verlieren, unter anderem als Trivialpatente, also als Patente, denen nur eine geringe Erfindungshöhe zugemessen werden. SRC Labs ist ein Hersteller von rekonfigurierbaren Computern und ein Anbieter von Servern, Workstations und Embedded Systeme.
Nun aber stehen diese Patente unter dem Schutz des Indianerstamms und werden sogar für eine aktive Klage gegen die Unternehmen Microsoft und Amazon eingesetzt. Am letzten Mittwoch klagten der Mohawk-Stamm und SRC vor dem Bundesgerichtshof in Virginia auf Patentverletzungen sowohl gegen Amazon. com Inc. als auch Microsoft Corp.. Die Technologieunternehmen sollen ohne entsprechende Lizensierung die SRC-Patente seit Jahren genutzt haben. Der Indianerstamm fordert nun entgangene Lizenzzahlungen und Schadensersatz ein. Microsoft oder Amazon könnten dieser Klage vorgreifen, indem sie beantragen, dass die Patente widerrufen werden.
De facto aber bedeutet die Souveräne Immunität des Indianerstamms: SRC Labs und der Mohawk-Stamm können eine Gegenklage von Microsoft und Amazon auf die Patente verhindern. Ebenso wenig kann Allergan der Patentschutz für seine Medikamente streitig gemacht werden, solange sich deren Patente in Indianerbesitz befinden.
Indianerstamm bietet ein Schlupfloch im Patentrecht
Das irische Pharmaunternehmen Allergan hatte ebenfalls vor wenigen Wochen die Patente des Medikaments Restasis an den Mohawk-Stamm im Bundesstaat New York verkauft, um zu verhindern, dass die Patente für ungültig erklärt werden.
Im konkreten Fall von Restasis baten die Generikahersteller Akorn, Mylan und Teva Pharmaceutical Industries Ltd. das U. S. Patent and Trademark Office unter dem IPR darum, Allergans Patente für ungültig zu erklären. Dies ist mit dem Transfer zum Indianerstamm nicht möglich, die Patente sind geschützt. Allergan übertrug alle Patente für seine wichtiges Augenmedikament Restasis auf den St. Regis Mohikaner-Stamm. Die Vereinbarung wird dem Indianerstamm ab nächstes Jahr eine erste Zahlung in Höhe von 13,75 Millionen Dollar einräumen. Der Stamm wird die Patente exklusiv zurück an Allergan verpachten und erhält 15 Millionen Dollar an jährlichen Lizenzgebühren, solange die Patente gültig bleiben. Wenn das Abkommen gilt, hätte Allergan ein Schlupfloch gegen Patentrecht finden können, und andere Unternehmen könnten sich für die Indianerstämme Amerikas als grüne Oase für ihre Patente entscheiden.
Der spezielle Hintergrund für den Fall Allergan ist, dass Pharmaunternehmen ihre Patente in der Regel mit mehreren Patenten schützen, da Generikahersteller Generika erst dann herstellen dürfen, wenn alle Patente abgelaufen sind. Daher ist es möglich, einen gültigen Patentschutz durch Spezialgerichte widerrufen zu lassen. Dies gilt aber nicht mehr, wenn die Patente unter die Souveräne Immunität eines Indianerstamms fallen.
Vor wenigen Tagen nun ist der Indianerdeal mit Allergan vorläufig gestoppt worden. Ein Bundesgericht in Texas hat diese Patente am 16. Oktober 2017 für nichtig erklärt. Allergan plant Berufung einzulegen.
Das Patent-Schlupfloch trifft auf politischen Widerstand
Aufgrund seiner Relevanz für die gesamte Pharmaindustrie sorgt Allergans gewagter Schritt auch im amerikanischen Senat für Wellen. Sherrod Brown, Senator der Demokraten von Ohio, hat die Patentvereinbarung zwischen der amerikanischen pharmazeutischen Firma Allergan und dem Mohikanerstamm scharf kritisiert. Er möchte, dass der Kongress Chancen zur Stärkung des Wettbewerbs im Pharmasektor findet – auch durch die Schließung der neuen Schlupflücke und damit die Stärkung der Generika-Hersteller. Am 5. Oktober schloss sich eine Senatorin den Kritikern an. Claire McCaskill, Senatorin von Missouri, legte einen Gesetzentwurf vor zum Verbot von Versuchen, die Stammeshoheit auszunutzen.
Das Prozedere eines Gesetzentwurfs
Ein vorgelegter Gesetzentwurf wird an den zuständigen Ausschuss weitergeleitet. Die ständigen Ausschüsse des Parlaments und die 16 Senatsausschüsse sind jeweils für verschiedene Bereiche der öffentlichen Politik zuständig wie Landwirtschaft, Bildung und Arbeitnehmerschaft sowie internationale Beziehungen.
Der Ausschuss erörtert und kennzeichnet den vorgeschlagenen Gesetzesentwurf und kann auch Änderungen vornehmen. Letztendlich kommt es dann zu einer Abstimmung über den Gesetzesentwurf.
Bis es – möglicherweise – soweit ist, möchte der Mohawk-Stamm aber noch weiter von seinem Sonderstatus profitieren. Der Stamm kündigte an, in Kürze noch eine weitere Patentvereinbarung mit einem Unternehmen abschließen zu wollen.
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Quelle:
Text: Reuters USA
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