Nespresso-Kaffeekapseln verlieren vorerst und teilweise ihren markenrechtlichen Schutz als internationale 3D-Marke in Deutschland. So entschied am Freitag das Bundespatentgericht und beendete vorläufig einen jahrelangen Markenstreit um die beliebten Kaffeekapseln.
Hintergrund dieser Entscheidung ist ein langjähriger Markenstreit zwischen der Schweizer Ethical Coffee Company (ECC) und Nestlé um Nespresso-Kaffeekapseln. Bereits im Sommer 2014 entschied das Deutsche Patent- und Markenamt (DPMA), dass der deutsche Teil der als dreidimensionale international registrierte Marke (IR-Marke) für Nespresso-Kaffeekapseln gelöscht werden muss (Az. IR 763 699 – S 290/11 Lösch).
Dies wurde nun vom Bundespatentgericht bestätigt. Nespresso-Kaffeekapseln stehen in Deutschland vorerst nicht mehr unter dem markenrechtlichen Schutz (IR 763 699) für die Waren „Kaffee, Kaffeeextrakte und kaffeebasierte Zubereitungen, Kaffeeersatz und künstliche Kaffeeextrakt“ in der Nizzaklasse 30. Das Gericht wies besonders darauf hin, dass eine IR-Marke – wie die hier vorliegende – ebenso geschützt ist wie eine nationale Marke. Damit gelten für sie aber auch dieselben Regelungen zum Schutzentzug und zur Löschung wie für nationale Marken.
Diese Entscheidung beruht auf dem deutschen Markengesetz (§ 3 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG). Demnach ist markenrechtlicher Schutz für Zeichen ausgeschlossen, die eine Form darstellen, die zur Erreichung einer technischen Wirkung erforderlich sind. Dem liegt das öffentliche Interesse zugrunde zu verhindern, dass der Inhaber des Markenrechts technische Lösungen für sich monopolisieren kann. Es handele sich im verhandelten Fall um ein Verpackungsbehältnis, das eine nur technisch bedingte Gestaltung aufweise, so das Bundespatentgericht. Denn die Verpackung gibt einem – wie im Fall Kaffee- körnigem Produkt seine Form. Die Verpackung ist der Form der Ware gleichzusetzen. Dies gilt auch, wenn dieselbe technische Wirkung durch eine alternative Form der Verpackung erzeugt werden könnte.
Nestlé wies in seiner Argumentation darauf hin, dass die heutigen Kaffeemaschinen nicht mehr über den einzigen mittigen Aufstechdorn, sondern über drei seitlich die Kapsel perforierende Dorne verfügten, über die mit einem bestimmten Druck eine Mischung aus Wasser und Luft eingeführt würde. Daher sei die konkrete Gestaltung gar nicht technisch bedingt. Doch das Gericht stellte klar, dass auch eine Fortentwicklung der Technik nicht dazu führt, veraltete technische Merkmale als nicht mehr als technisch zu bewerten.
Erfüllen die wesentlichen Merkmale eine technische Funktion?
Für die Prüfung des Schutzhindernisses sind „die wesentlichen Merkmale der Form“ zu bestimmen. Dazu zählen:
- der Gesamteindruck, den die Form vermittelt
- die visuelle Prüfung des Zeichens
- gegebenenfalls die Berücksichtigung der mit der Verpackung zusammenhängenden Elemente
Auch in genauer Betrachtung der Kapselform kam das Bundespatentgericht immer wieder zu dem Schluss: Nicht-funktionale Merkmale der dreidimensionalen Gestaltung, die für den Gesamteindruck der Form wesentlich sind, sind nicht ersichtlich.
Löschungsverfahren vor dem BGH
Auch der von Nestlé gestellte Antrag, das Löschungsverfahren zunächst auszusetzen, wurde abgelehnt. Die Schweizer bezogen sich dabei auf zwei Löschungsbeschwerdeverfahren, die im Moment beim Bundesgerichtshof (BGH) vorliegen – wir berichteten (25 W (pat) 78/14 – Quadratische Schokoladentafelverpackung und I ZB 4/17 bzw. 25 W (pat) 59/14 – Traubenzuckertäfelchen). Denn selbst wenn sich in Teilbereichen zu diesen beiden Fällen eine ähnliche Konstellation ergeben und ähnliche Rechtsfragen zu beurteilt werden könnten, stelle diese keine Vorgreiflichkeit und keinen Aussetzungsgrund dar.
Es ist noch offen, ob dieses Urteil im vorliegenden Fall den Markenstreit beendet oder lediglich eine weitere Etappe in der jahrelangen Auseinandersetzung bedeutet. Denn eine Rechtsbeschwerde vor dem BGH ist auf Grundlage von § 83 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG. zugelassen.
Update vom 31. Januar 2019: Fall Nespresso vor dem BGH
Tatsächlich wurde eine Rechtsbeschwerde vor dem BGH erhoben, der ein erstes Urteil am 31. Januar 2019 traf (BGH, I ZB 114/17, ‚Kaffeekapseln‘) – allerdings nicht zu der eigentlichen Beschwerde gegen das Urteil das BPatG. Denn inzwischen war im November 2018 ein Insolvenzverfahren und Konkursverfahren über das Vermögen der Antragstellerin ECC eröffnet worden. Nestlé war der Ansicht, das markenrechtliche Verfahren sei dadurch unterbrochen – zurecht, entschied der BGH in seinem Urteil ‚Kaffeekapseln‘.
Grundsätzlich wird auch die Eröffnung eines ausländischen Insolvenzverfahrens anerkannt (nach § 343 Abs. 1 Satz 1 InsO), darauf kann auch eine Unterbrechung des Rechtsstreit beruhen (§ 352 Abs. 1 Satz 1 InsO). Voraussetzung ist allerdings, dass ein Insolvenzverfahren vorliegt, und als solches werden Auslandsverfahren nicht immer anerkannt. Ein Insolvenzverfahren liegt laut BGH nur dann vor, wenn damit in etwa die gleichen Ziele verfolgt werden wie mit den in der Insolvenzordnung vorgesehenen Verfahren. Das liege im Fall Nespresso vor, entschied das Gericht.
Das Markengesetz wiederum enthält keine Regelungen dazu, welche Auswirkungen die Eröffnung eines in- oder ausländischen Insolvenzverfahrens über das Vermögen eines der am Rechtsbeschwerdeverfahren Beteiligten hat. Mehr noch, ist diese Frage in der Rechtsprechung sogar umstritten. Doch im vorliegenden Fall legte sich der BGH fest: im Streitfall sei von einer Unterbrechung des Rechtsstreit durch das Insolvenzverfahren auszugehen. Die Parteien sind Wettbewerber auf dem Gebiet des Vertriebs von Kaffeeprodukten. Das Löschungsverfahren war damit geeignet, der Stärkung der Wettbewerbsposition der Antragstellerin zu dienen, umso mehr, als der Löschungsantrag im Streitfall bereits in zwei Instanzen erfolgreich war.
Denn wenn der Löschungsantragsteller und der Markeninhaber Wettbewerber sind, besteht auch ohne anhängiges Verletzungsverfahren ein Bezug des Löschungsverfahrens zum Vermögen des Löschungsantragstellers, entschied der BGH als Leitsatzentscheidung.
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Quelle:
Text:
Juris Urteil 25 W (pat) 112/14
BGH Urteil ‚Kaffeekapseln‘, I ZB 114/17
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