Reichen zwei Inhaberinnen desselben Schutzrechts eine gemeinsame Beschwerdeschrift ein, zahlen aber nur eine Beschwerdegebühr, dann gilt die Zahlung im Zweifel für die zuerst im Rubrum der Beschwerdeschrift genannte Partei. So entschied im September 2017 der Bundesgerichtshof.
Der Einwand der Patentinhaberinnen, sie hätten sich zu einem Joint Venture zusammengeschlossen und seien in einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts miteinander verbunden, die das Patent angemeldet habe, wurde nicht anerkannt. In der Entscheidung des Bundesgerichtshofs (BGH) vom 19.09.2017 (Az. X ZB 1/17) stellt dieser klar: Dies sei weder offenkundig, noch folge es daraus, dass das Patentamt sie unter einer gemeinsamen Anmelder-Nummer für Patentanmeldungen führe. Reichen zwei Inhaberinnen desselben Schutzrechts eine gemeinsame Beschwerdeschrift mit nur einer Gebührenzahlung ein, dann gilt die Zahlung im Zweifel für die zuerst im Rubrum der Beschwerdeschrift genannte Partei, entschied der BGH. Damit hebt der BGH den im Dezember 2016 ergangenen Beschluss des Bundespatentgerichts (Az. 10 W (pat) 7/15) teilweise auf, mit dem dieses die Beschwerde gegen den Patentwiderruf beider Parteien insgesamt zurückgewiesen hatte.
GbR oder BGB – verschiedene Gebührenpflichten
Das BPatG hatte die Ansicht vertreten, dass die Inhaberinnen desselben Streitpatents nicht ohne Weiteres eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) sondern vielmehr eine Bruchteilsgemeinschaft (§§ 741 ff. BGB) bilden würden. Bruchteilsmitglieder müssten demnach bei Einlegung de Beschwerde gegen den Patentwiderruf jeweils eine eigene Beschwerdegebühr (§ 2 Abs. 1, § 6 Abs. 1 PatKostG i.V.m. 401 100 GV PatKostG) entrichten. Nicht das Gericht müsse prüfen, ob eine GbR vorläge, sondern die Schutzrechtsinhaberinnen müssten diesen Umstand innerhalb der Beschwerdefrist selbstständig darlegen. Jedenfalls werde die u.U. beim DPMA vorhandene Kenntnis von den vertraglichen Verzahnungen der beiden Patentinhaberinnen miteinander nicht dem BPatG zugerechnet. Das BPatG wies die Beschwerde gegen den Patentwiderruf insgesamt zurück, weil sich aus der Beschwerdefrist und der Einzugsermächtigung stets beide Patentinhaberinnen und unter Verzicht auf die Angabe einer Rangfolge genannt war. Eine Zuordnung der tatsächlich gezahlten Beschwerdegebühr zu nur einer der jeweiligen Beschwerdeführer sei daher nicht möglich gewesen. Der Widereinsetzungsantrag der Schutzrechtsinhaberinnen scheiterte, weil ihnen das Verschulden des Prozessbevollmächtigten zugerechnet wurde. Dieser hätte die in den einschlägigen Fachzeitschriften veröffentlichte Entscheidung des BGH v. 18.08.2015 (Az. X ZB 3/14 – Mauersteinsatz) kennen müssen, in der die gesonderte Gebührenlast für mehrere Beschwerdeführer behandelt wurde.
In der nun ergangenen Entscheidung des BGH auf die gegen den Zurückweisungsbeschluss eingelegte Rechtsbeschwerde folgt der Gerichtshof diesen Erwägungen weitgehend, weicht aber in einem entscheidenden Punkt ab:
Rechtsmittelgebühren müssen innerhalb der jeweiligen Rechtsmittelfrist abgegeben werden
Der BGH bestätigt seine vorherige Rechtsprechung (Az. X ZB 3/14 – Mauersteinsatz) insoweit, als dass er auch in dieser Entscheidung darauf hinweist, dass bei Mehrheit von Schutzrechtsinhaberinnen jeweils eine eigene Beschwerdegebühr zu entrichten sei. Konkret wird weiterhin klar gestellt, dass dies nicht nur für mehrere Einsprechende sondern auch für mehrere einsprechende Patentinhaberinnen desselben Schutzrechts gilt. Sowohl dem Wortlaut des Abs. 1 der Vorbemerkung zu Teil B des GV PatKostG als auch der Gesetzesbegründung (BT-Drucks. 16/735, 9 u. 16 f.) sei zu entnehmen, dass eine unterschiedliche Behandlung von Schutzrechtsinhaberinnen in Personenmehrheit oder -einzahl nicht bestehen solle.
Aus dem Umkehrschluss ergibt sich also, dass mehrere Inhaber desselben Schutzrechts grundsätzlich jeweils gesonderte Beschwerdegebühren entrichten müssen. Freilich gilt dies nicht bei Vorliegen einer GbR, diese liegt aber sowohl aus Sicht des Patentamts und des jeweiligen Gerichts nicht ohne Weiteres vor.
Insoweit bestätigt der BGH auch die Ansicht des BPatG, dass bei der fortgeführten Angabe von einer Personenmehrzahl als Schutzrechtsanmelder bzw. –inhaber auch bei Erhebung der Beschwerde gegen den Patentwiderruf nach wie vor von einer unveränderten Personenmehrheit auszugehen sei. Anhaltspunkte dafür, dass sich im hiesigen Fall die beiden Anmelderinnen zwischenzeitlich gesellschaftsrechtlich miteinander verbunden hätten, waren aus den gesamten Verfahrensunterlagen und auch bis zum Zeitpunkt der Beschwerdeerhebung nicht vorgetragen worden und auch nicht ersichtlich. Auch auf der Einzugsermächtigung zur Entrichtung der Beschwerdegebühr waren wiederum beide Inhaberinnen genannt worden.
Der BGH gibt aber schließlich die Rechtsprechung auf, nach der Prozesserklärungen bzgl. der Rechtsmittelgebühren innerhalb der jeweiligen Rechtsmittelfrist abgegeben werden müssen („Einsteckschloss“, „Transportfahrzeug“). Dieser Grundsatz trage dem Grundsatz nicht hinreichend Rechnung, dass im Prozesserklärungen im Zweifel so auszulegen seien, dass das gewollt sei, was der tatsächlichen Interessenlage entspreche und „was nach den Maßstäben der Rechtsordnung vernünftig“ sei.
Durch die Zahlung jedenfalls einer Beschwerdegebühr sei klar, dass eine gerichtliche Überprüfung gewünscht war. Weil die Konstellation, dass die Schutzrechtsinhaberinnen jeweils nur eine halbe Gebühr zahlen wollte, abwegig erscheine, müsse aus dem Umkehrschluss klar sein, dass das Beschwerdeverfahren zumindest für eine der beiden Parteien von dieser durchgeführt werden solle.
Beschwerde nur eines Inhabers macht die anderen Inhaber zu Streitgenossen
Daneben hat der BGH schon mit Entscheidung aus 1997 (23.03.1997 – X ZR 64/96) befunden, dass die Beschwerde von nur einer Schutzrechtsinhaberin dazu führe, dass das Beschwerdeverfahren durchgeführt werde und die anderen Inhaber als Streitgenossen an dem Verfahren zu beteiligen seien.
Wer von beiden Schutzrechtsinhaberinnen schließlich das Beschwerdeverfahren führen soll, sei dann schließlich durch Auslegung zu ermitteln. Im Zweifel sei die gezahlte Beschwerdegebühr dann der zuerst im Rubrum der Beschwerdefrist genannten Partei zuzuordnen.
Die zuletzt angeführte Rechtsansicht erscheint auch in Ermangelung anderer Zuordnungsanhaltspunkte die einzig vernünftige und nachvollziehbare, um das Rechtsmittel einzulegen. Den jeweiligen Schutzrechtsinhaberinnen wird es selten konkret auf die Stellung als Verfahrensführerin der Beschwerde gegen den Schutzrechtswiderruf oder sonstig an ihr Beteiligte ankommen.
Hingegen habe die zweite Patentrechtsinhaberin die Beschwerdegebühr zu spät gezahlt und sie müsse sich das Verschulden ihres Prozessvertreters zurechnen lassen, sodass der Wiedereinsetzungsantrag vom BPatG zu Recht zurückgewiesen wurde.
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