Wird eine Erfindung von einem Nichtberechtigten beim Europäischen Patentamt zum Patent angemeldet, so kann der Berechtigte die Erfindung als eigene weiter verfolgen, eine neue Patentanmeldung einreichen oder beantragen, dass die unberechtigte Anmeldung zurückgewiesen wird. Dies ist in allen EPÜ-Mitgliedstaaten möglich.
Zuständigkeit & Vorrang des EuPatAnerkProt
Der Berechtigte kann im Rahmen des Art. 61 Europäischen Patentübereinkommens (EPÜ; englisch European Patent Convention (EPC); französisch Convention sur le brevet européen (CBE)) die Erfindung als seine eigene weiter verfolgen. Da jedoch aus allen 38 derzeitigen EPÜ-Mitgliedsstaaten Anmeldungen eingereicht werden können, gibt es keine zentrale Anlaufstelle, wo ein Rechtsbehelf nach Art. 61 EPÜ eingereicht werden kann.
Ein entsprechender Rechtsbehelf ist jedenfalls nicht an die EPO selbst zu richten, wie die Große Beschwerdekammer mit dem Beschluss „Unberechtigter Anmelder“ (G 0003/92 v. 13.06.2004) entschieden hat.
Vielmehr ist dasjenige Gericht oder diejenige Behörde zuständig, in dessen Bezirk der nicht-berechtigte Anmelder seinen Sitz oder Wohnsitz hat (Art. 164 Abs. 1 EPÜ i.V.m. Art. 2 des Protokolls über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung von Entscheidungen über den Anspruch auf Erteilung eines europäischen Patents (v. 05.10.1973 – EuPatAnerkProt); hierbei steht es dem jeweiligen Mitgliedsstaat frei, auch Behörden die Befugnis zu erteilen, über Klagen nach Art. 61 EPÜ zu entscheiden; insoweit differenziert das EuPatAnerkProt im weiteren Wortlaut nicht zwischen den Begriffen „Behörde“ oder „Gericht“.
Dies gilt auch dann, wenn der Anmeldeberechtigte seinen Wohnsitz in einem anderen als einem der Vertragsstaaten der EPÜ hat (Art. 3 EuPatAnerkProt). Dabei geht das EuPatAnerkProt entgegenstehenden Rechtsnormen in den jeweiligen Vertragsstaaten und bi- oder multilateralen Abkommen zwischen den jeweiligen Vertragsstaaten vor (Art. 11 Abs. 1 EuPatAnerkProt).
Handelt es sich bei der Erfindung um eine Arbeitnehmererfindung, ist dasjenige Gericht zuständig, in dem der Arbeitnehmer überwiegend seine Tätigkeit ausübt (Art. 4 EuPatAnerkProt i.V.m. Art. 60 Abs. 1 S. 2 EPÜ). Von dieser Regelung können die am Rechtsstreit beteiligten Parteien jedoch durch Vereinbarung abweichen (Art. 5 Abs. 1 EuPatAnerkProt), vorausgesetzt, das nationale Recht lässt dies für Arbeitsverhältnisse zu (Art. 5 Abs. 2 EuPatAnerkProt). Ist dies der Fall, können die Parteien jedes beliebe Gericht innerhalb der Vertragsstaaten bestimmen.
Im Übrigen sind die Gerichte der Bundesrepublik Deutschland ausschließlich zuständig (Art. 6 EuPatAnerkProt).
Verfahren
Werden wegen derselben Rechtssache bei mehreren Gerichten Klagen anhängig gemacht, so hat sich das später angerufene Gericht von Amts wegen für unzuständig zu erklären (Art. 8 Abs. 1 EuPatAnerkProt) oder die Entscheidung der Zuständigkeit so lange auszusetzen, bis das früher angerufene Gericht über die eigene Zuständigkeit entschieden hat (Art. 8 Abs. 2 EuPatAnerkProt).
Die Entscheidung eines Mitgliedsstaates über die Klage nach Art. 61 EPÜ wird im Verfahren zur Anerkennung der Entscheidung, soweit ein solches im jeweiligen Mitgliedsstaat notwendig ist, außer in den nachfolgend aufgezählten Fällen nicht erneut auf Rechtmäßigkeit geprüft (Art. 9 Abs. 2 EuPatAnerkProt). Ausnahmen sind:
- Mangelnde Zustellung: Der nicht-berechtigte Anmelder beruft sich auf eine fehlerhafte oder so kurzfristige Zustellung der Klageschrift, dass er sich nicht ausreichend verteidigen konnte (Art. 10 lit. a EuPatAnerkProt).
- Divergierende Entscheidungen in derselben Angelegenheit (Art. 10 lit. a EuPatAnerkProt)
Im Übrigen werden in Ermangelung entgegenstehender Vorschriften in der EuPatAnerkProt die jeweils nationalen zivilen Verfahrensordnungen gelten. In den Fällen, in denen ein deutsches Gericht zuständig ist, richtet sich die örtliche Zuständigkeit daher nach den §§ 12 ff. Zivilprozessordnung (ZPO).
Anerkennung
Die von einem Gericht der Vertragsstaaten ergangene Entscheidung über den Anspruch aus Anspruch auf Erteilung des europäischen Patents (Art. 61 EPÜ), wird von allen anderen Vertragsstaaten anerkannt (Art. 9 EuPatAnerkProt). In Deutschland bedarf es hierzu grundsätzlich keines eigenständigen Verfahrens. Zivilrechtliche Entscheidungen gelten immer dann als rechtsverbindlich anerkennt, solange keiner der in § 328 ZPO genannten Voraussetzungen vorliegt; für eine Entscheidung eines Gerichts eines EPÜ-Mitgliedstaates über eine Klage nach Art. 61 EPÜ kann daher stets davon ausgegangen werden, dass diese auch in Deutschland anerkannt und vollstreckt werden kann.
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Quellen:
EPO: v. 05.10.1973 – EuPatAnerkProt
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