Geschäftsführer einer GmbH oder Vorstandsmitglieder einer AG sind keine Arbeitnehmer im Sinne des ArbEG. Wie sieht also das Zugriffsrecht auf Erfindungen und deren mögliche Vergütung für diese sogenannten Organmitglieder aus?
Für Geschäftsführer gilt kein ArbEG
Dem Gesetz über Arbeitnehmererfindungen (ArbEG) unterliegen gemäß § 1 ArbEG nur Erfindungen und technische Neuerungen von Arbeiternehmern im privaten und öffentlichen Dienst, und auch – weniger bekannt – von Beamten und Soldaten. Geschäftsführer einer GmbH oder Vorstandsmitglieder einer AG sind jedoch keine Arbeitnehmer im Sinne des ArbEG.
Wo es keine feste Regelung wie das Arbeitnehmererfindungsrecht gibt, gilt die freie Vereinbarung. Dies steht keineswegs § 22 Satz 1 ArbEG entgegen. Aus dem individuellen Dienstvertrag oder Gesellschaftsvertrag können sich aber Anbietungspflichten ergeben. Möglich ist eine sogenannte Vorausverfügung. In diesem Fall würde sich der Geschäftsführer oder das Vorstandsmitglied verpflichten, im Voraus seine zukünftigen Erfindungsrechte zu übertragen. Zu beachten ist hier der Unterschied zwischen einer Übertragungsverpflichtung und einer Vorausverfügung: die Übertragungsverpflichtung erfordert einen Übertragungsakt, bei der Vorausverfügung dagegen erwirbt die Gesellschaft das Recht an der Erfindung ohne einen Übertragungsakt.
Vertragsgemäß im Bereich technische Entwicklung
Dies gilt auch in der Sachlage, wenn Organmitglieder vertragsgemäß im Bereich der technischen Entwicklung tätig sind – sofern sie für die Erfindung auf die Ressourcen des Unternehmens zurückgegriffen haben. In der Praxis ist dies wohl der Normalfall, da Vorkenntnisse oder Spezialkenntnisse des Unternehmens, personelle Unterstützung und auch der Einsatz sachlicher Mittel des Unternehmens bei der Erfindungsarbeit einfließen. Im Einzelfall können daraus Andienungspflichten entstehen. Denn eine Verpflichtung zur Entwicklung von Erfindungen besteht für Organmitglieder im Grundsatz nicht. Und zunächst gilt für Erfindungen § 6 Satz 1 des Patentgesetzes (PatG). Demnach steht die Erfindung seinem Erfinder, also auch einem Organmitglied, persönlich zu.
Entscheidend für eine Andienungspflicht ist die Frage, ob die Erfindung das Resultat der vertraglich geschuldeten Dienstleistung war oder auf einer sogenannten überobligationsmäßigen Anstrengung beruht. Sind einem Geschäftsführer beispielsweise eigene Entwicklungs- und Forschungstätigkeiten zugewiesen, wäre die Erfindung entsprechend keine Sonderleistung, sondern wäre bereits durch die vereinbarten Geschäftsführerbezüge abgegolten.
Ist die Erfindung eine Sonderleistung?
Um diese Frage ging es auch in einem konkreten Fall, der im April 2017 vor dem Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt verhandelt wurde (OLG Frankfurt a.M., 13.04.2017, 6 U 69 / 16). Die Klägerin, das Unternehmen, verlangte die Übertragung und Umschreibung mehrerer Gebrauchsmuster vom beklagten Gesellschafter, unter anderem auch die Ansprüche auf Erteilung zweier europäischer Patente. In diesem Fall argumentierte die Klägerin, die Erfindungen seien das Ergebnis der vertraglich geschuldeten Tätigkeit und damit bereits durch die Gewinnbeteiligung des Beklagten ausgeglichen. Die Klägerin war vor dem OLG Frankfurt erfolgreich, und auch das Berufungsgericht bestätigte das Urteil des OLG.
Das Berufungsgericht betonte, dass die Grundsätze zum erfinderrechtlichen Pflichtenkreis von Organmitgliedern auch auf die Erfindungen von Gesellschaftern übertragbar seien. Der Beklagte in diesem Fall sei formal als kaufmännischer Leiter mit einem Anstellungsvertrag angestellt gewesen. In seiner tatsächlichen Tätigkeit handelte er aber wie ein Geschäftsführer, dies war entscheidend.
Von Bedeutung war in diesem Fall auch, dass die Erfindungen dem Geschäftsgegenstand der Klägerin zuzuordnen waren. Das Unternehmen verfügte über ausgewiesene Expertise in dem Themenbereich der Erfindung. Nachweislich waren Vorkenntnisse und Mitarbeiter aus dem Unternehmen und auch ein durch Betriebsmittel finanzierter Kredit der Klägerin in die Entwicklungstätigkeit eingebunden. In der Beurteilung der Gesamtumstände erkannte das Gericht auch auf Treuepflicht des Beklagten. Denn ein Geschäftsführer einer Personengesellschaft ist gemäß „Geschäftschancenlehre“ grundsätzlich dazu verpflichtet, Geschäftschancen im Geschäftszweig der Gesellschaft nicht für sich, sondern für die Gesellschaft auszunutzen (Vgl. BGH 04.12.2012, DB 2013, 15 = NJW-RR 2013, 363).
Schutzrechtsanmeldegebühren dürfen zurückbehalten werden
Letztlich gestand das Gericht dem Beklagten ein Zurückbehaltungsrecht nach § 1000 BGB in Höhe der von ihm aufgewandten Schutzrechtsanmeldegebühren zu. Denn diese werden als notwendige Verwendungen i. S. v. § 994 BGB betrachtet. Hätte dagegen der Beklagte als nicht nur formal, sondern auch tatsächlich als Angestellter für das Unternehmen seine Erfindungen entwickelt, wäre die Klägerin nach § 9 ArbEG zur Zahlung einer Erfindervergütung verpflichtet gewesen.
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