Dienstleistungen können unter Markenschutz stehen, auch eine Einzelhandelsdienstleistung. Doch fällt darunter auch ein Flagship Store oder ein Onlineshop, und wenn ja, sogar auch Handel über eine Handelsplattform? Eine aktuelle Leitsatzentscheidung des BPatG gibt Klarheit.
Grundsätzlich kann ein grafisch darstellbares Zeichen unter Markenschutz gestellt werden, wenn es Waren und Dienstleistungen eines Unternehmens von denjenigen anderer Unternehmen zu unterscheiden hilft (nach Richtlinie 2008/95/EG zur Angleichung der Marken in der EU).
Bei einer Einzelhandelsdienstleistung besteht der Zweck allerdings im Verkauf von Waren an den Verbraucher. Dieser Handel umfasst insbesondere die Auswahl eines Sortiments von Waren und das Angebot verschiedener Dienstleistungen, die einen Verbraucher dazu veranlassen sollen, den Kaufvertrag für diese Waren mit diesem Händler statt mit einem seiner Wettbewerber abzuschließen. Eine Einzelhandelsdienstleistung ist insofern nicht abhängig von der Herkunft der Waren oder welche und wie viele Marken in seinem Angebot vertreten sind.
Einzelhandelsdienstleistung als Marke
Anders ist es bei einer Einzelhandelsdienstleistung unter Markenschutz. Die Zulässigkeit von Markeneintragungen für die Dienstleistung eines Einzelhändlers ist seit der Praktiker-Entscheidung (C 418/02, EU:C:2005:425) von 2005 des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) anerkannt. Allerdings hat der EuGH bisher keine eindeutige Aussage darüber getroffen, ob unter den Schutz einer Einzelhandelsmarke nur der Einzelhandel mit Fremdwaren/Fremddienstleistungen oder auch derjenige mit eigenen Produkten fällt.
Daher betrachtete das Bundespatentgericht für die Beurteilung einer Einzelhandelsdienstleistung als Marke die spezifische Tätigkeit eines Einzelhändlers. Diese bestehe in der durch die Maßnahmen der Präsentation einschließlich Beratung bewirkten Erleichterung des Verkaufs von aus fremder Produktion stammenden Waren, nicht aber im Verkauf selbst, erläuterte das Bundespatentgericht in einer aktuellen Leitsatzentscheidung.
Leitsatzentscheidung zur Einzelhandelsdienstleistung mit Eigenware
Der Verkauf von Eigenware sei keine Dienstleistung im Sinne der Klasse 35; er werde vielmehr von der Warenmarke umfasst, urteilte das BPatG als Leitsatzentscheidung. Nur der Einzelhandel mit fremden Waren ist als markenfähig anzusehen, weil eine Handelstätigkeit die Warenbeschaffung von Dritten voraussetzte.
Eine Online-Handelsdienstleistung stehe dem nicht entgegen, führte das BPatG aus, aber – egal ob als Online-Handel oder stationärer Handel – Handel mit Eigenwaren fällt nicht unter den Schutzumfang einer Einzelhandelsdienstleistungsmarke. Ebenso ist auch der Handel mit Waren des eigenen Lizenzgebers nicht markenfähig (i.V.m. Benutzungshandlungen eines Lizenznehmers gemäß § 26 Abs. 2 MarkenG a. F. i. V. m. § 158 Abs. 5 MarkenG). Selbst wenn ein Händler beim Verkauf der eigenen Waren über einen Onlineshop eine besonders ansprechende Präsentation, kostenlose telefonische Beratung zum Produkt oder besonders einfache Bestellmöglichkeiten anbietet, so diene dies allein dazu, das von ihm hergestellte Produkt als solches aufzuwerten und sei integraler Bestandteil des Verkaufs, präzisierte das BPatG speziell seine Entscheidung in Bezug auf den Online Handel.
Auch aus den Ausführungen des EuGH in der Entscheidung zum Apple-Store lasse sich der Schluss ziehen, ergänzte das BPatG, dass sich der Markenschutz nicht auf den Verkauf eigener Waren erstrecken kann, weil hierin keine „Dienstleistungen“ im Sinne von Art. 2 der Markenrichtlinie 2008/95 zu sehen sind. Mit der Apple-Store Entscheidung gab der EuGH jedoch die Richtlinie für die Voraussetzungen vor, unter denen eine Verkaufsstätte als Marke eingetragen werden kann.
Apple Flagship Store als Einzelhandelsdienstleistungsmarke
Daher schauen wir die Apple-Store Entscheidung des EuGH noch etwas genauer an. Die Darstellung eines Apple Flagship Store wurde 2010 vom USPTO (Patent- und Markenamt der U.S.A.) als dreidimensionale Marke eintragen, und zwar für „Einzelhandelsdienstleistungen in Bezug auf Computer, Computer-Software, Computer-Peripheriegeräte, Mobiltelefone, Unterhaltungselektronik und Zubehör und darauf bezogene Produktdemonstrationen“. Diese Darstellung zeigte die typischen Ladengeschäfte, die Apple als Apple Flagship Store bezeichnet, in Form einer mehrfarbigen Zeichnung.
Die internationale Registrierung dieser Marke gelang nicht so einfach, 2013 lehnte das DPMA ( Deutsche Patent- und Markenamt) die Schutzerstreckung auf Deutschland mit der Begründung ab, dass die Abbildung der Verkaufsstätte nichts anderes sei als die Darstellung eines wesentlichen Aspekts der Handelsdienstleistungen dieses Unternehmens und dies nicht als Hinweis auf die betriebliche Herkunft der Waren verstanden werden könne. Apple legte Widerspruch ein und letztlich entschied der EuGH im Juli 2014 über diese interessante Einzelhandelsdienstleitungsmarke.
Die Darstellung der Ausstattung einer Verkaufsstätte wie eines Apple Flagship Stores kann unter bestimmten Voraussetzungen als Marke eingetragen werden, urteilte der EuGH. Da der Apple Flagship Store mittels einer Gesamtheit aus Linien, Konturen und Formen in einer grafischen Darstellung abgebildet wurde, könne er eine Marke sein, führte der EuGH aus. Voraussetzung dafür sei – wie bei jeder Marke – dass das Zeichen Unterscheidungskraft aufweise und dass das Zeichen in Bezug auf die Merkmale der betreffenden Waren und Dienstleistungen nicht beschreibend ist.
Zudem ergänzte der EuGH in RN 20 dass die Anforderung Anwendung finden könne, dass eine erhebliche Abweichung von der Norm nachgewiesen werden muss, wenn das Zeichen in der Darstellung der Ausstattung der räumlichen Umgebung besteht, in der die Dienstleistungen erbracht werden, für die die Marke angemeldet wird.
In Bezug auf die Eintragung der Einzelhandelsdienstleistung als Marke entschied der EuGH, dass ein Zeichen wie der Apple Flagship Store – wenn kein klassisches Eintragungshindernis wie mangelnde Unterscheidungskraft vorliegt – auch für Dienstleistungen eingetragen werden könne, sofern diese Leistungen nicht ein integraler Bestandteil des Verkaufs dieser Waren sind. Apple hatte in der Markenanmeldung unter anderem als Leistungen genannt, in solchen Geschäften Vorführungen der dort ausgestellten Waren mittels Seminaren zu veranstalten.
Die Darstellung der Ausstattung einer Verkaufsstätte allein in der Form einer Zeichnung könne daher als Marke für Dienstleistungen eingetragen werden, urteilte der EuGH, wenn diese in Leistungen bestehen, welche sich auf Waren beziehen, aber keinen integralen Bestandteil des Verkaufs dieser Waren selbst bilden, sofern diese Darstellung geeignet ist, die Dienstleistungen des Anmelders von denen anderer Unternehmen zu unterscheiden.
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Quellen:
Urteil und Leitsatzentscheidung
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