Der BGH hat in seiner Leitsatzentscheidung Stella die bisherige Rechtsprechung zum Verfall und zur Benutzung einer Marke innerhalb des Fünfjahreszeitraums aufgehoben und EU Recht angepasst. Insbesondere im Bereich Darlegungs- und Beweislast hat dies erhebliche Auswirkung für die Praxis – zum Nachteil des Markeninhabers.
Gewerbliche Benutzung einer Marke
Grundsätzlich wird Markenschutz ja nur gewährt, wenn die Markenanmeldung für eine tatsächliche gewerbliche Nutzung eingesetzt wird; eine Markenanmeldung als unbestimmte Vorratshaltung ist quasi nicht möglich (lesen Sie in diesem Kontext gerne unseren Beitrag: BGH Urteil: Classe E versus E-Klasse).
Entsprechend muss ein Markeninhaber die gewerbliche Benutzung der Marke nachweisen können, ansonsten kann es durch Klage eines Dritten zum Verfall der Marke wegen Nicht-Benutzung kommen gemäß § 49 MarkenG. Übrigens gilt es auch als Benutzung der Marke, wenn die Marke auf Waren oder deren Aufmachung oder Verpackung im Inland angebracht werden, die Waren jedoch ausschließlich für die Ausfuhr bestimmt sind.
Benutzung der Marke innerhalb Fünfjahreszeitraum
Allerdings wird die Eintragung einer Marke auf Antrag nur dann für verfallen erklärt und gelöscht, wenn sie innerhalb eines ununterbrochenen Zeitraums von fünf Jahren nicht gemäß § 26 benutzt worden ist. Daher spricht man von der Benutzung der Marke innerhalb Fünfjahreszeitraums.
Wenn also eine Marke im Fünfjahreszeitraum nicht oder nicht mehr benutzt worden ist, zählt dies als berechtigter Grund für den Verfall dieser Marke. Das ist sowohl im deutschen Markenrecht verankert (§ 49 Abs. 1 Satz 1 MarkenG) als auch im Europäischen Markenrecht (Art. 12 der EU Verordnung Nr. 2008/95).
Maßgeblicher Fünfjahreszeitraum
Für den Nachweis des Fünfjahreszeitraum kann nicht für irgendeinen beliebigen Zeitraum von 5 Jahren die Benutzung der Marke bewiesen werden, sondern es ist grundsätzlich auf den Zeitpunkt der Klageerhebung und damit auf das Datum der Zustellung der Klage abzustellen. Anders gesagt, wird die Eintragung einer Marke für verfallen erklärt, wenn die Marke nach dem Tag, ab dem kein Widerspruch mehr gegen sie möglich ist, innerhalb Fünfjahreszeitraums nicht benutzt worden ist.
Deutlich wird dies in der konkreten Fallkonstellation im Fall Stella vor dem BGH: Die Beklagte war Inhaberin einer 1978 angemeldeten und 1982 eingetragenen deutschen Wortmarke. Erst im Mai 2017 wurde ein Löschungsantrag wegen fehlender Benutzung beim DPMA gestellt; im Juli 2017 wurde die Klägerin informiert, dass die Beklagte dem Löschungsantrag widersprochen hatte. Daraufhin erhob die Klägerin im September 2017 Löschungsklage.
Das Berufungsgericht unter Berücksichtigung der hierzu ergangenen Rechtsprechung des BGH angenommen, als maßgeblicher Fünfjahreszeitraum der Nichtbenutzung sei der Zeitraum zwischen dem 30.1. 2015 und dem 30.1.2020 zu berücksichtigen; der 30.1.2020 war der Tag der mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht.
BGH Stella: Rechtsprechung revidiert
Und tatsächlich wurde nach bisheriger Rechtsprechung der Zeitraum nach Klageerhebung bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung in die Tatsacheninstanz einbezogen. Diese Rechtspraxis hob der BGH aber jetzt durch seine Entscheidung Stella auf und betonte das auch explizit. Der BGH entschied, dass maßgeblich für den Fünfjahreszeitraum auf den Zeitpunkt der Antragstellung am 2.5.2017 abzustellen sei, weil die Klägerin die Löschungsklage innerhalb von drei Monaten nach Zustellung des Widerspruchs der Beklagten erhoben hatte.
Der maßgebliche Zeitpunkt für den Fünfjahreszeitraum leitet sich nach Ansicht des BGH aus § 52 Abs. 1 MarkenG n.F. ab, demnach die Wirkungen der Marke in dem Umfang, in dem sie für verfallen erklärt wird, von dem Zeitpunkt des Antrags nach § 53 MarkenG oder der Klageerhebung nach § 55 MarkenG als nicht eingetreten gelten.
Da der Löschungsklage – wie vorliegenden Fall – ein Antrag nach § 53 MarkenG vorausgegangen war, sah der BGH den Zeitpunkt der Antragstellung als maßgeblich – sofern die Löschungsklage innerhalb von drei Monaten nach Zustellung des Widerspruchs des Markeninhabers erhoben wird.
Darlegungs- und Beweislast ab jetzt vom Beklagten zu tragen
Mindestens ebenso relevant für die Praxis ist ein weiterer Aspekt des BGH Urteils Stella, nämlich die Darlegungs- und Beweislast. Konkret geht es um die Zuweisung der Darlegungs- und Beweislast für die ernsthafte Benutzung der Streitmarke innerhalb des Fünfjahreszeitraums. Denn der BGH schiebt diese Darlegungs- und Beweislast zum beklagten Markeninhaber.
Ausdrücklich hält der BGH nicht mehr an der bisherigen Rechtsprechung fest, wonach die Darlegungs- und Beweislast für die Voraussetzungen des Verfalls einer Marke die Klagepartei betraf. Daran halte das Gericht nicht mehr fest, weil dies einer unionsrechtskonformen Auslegung von § 49 Abs. 1 MarkenG nicht mehr entspreche, erläuterte der BGH. Stattdessen trage der Inhaber der streitigen Marke, die Gegenstand einer Klage auf Erklärung des Verfalls ist, grundsätzlich die Darlegungs- und Beweislast für die ernsthafte Benutzung dieser Marke.
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