In Europa wird die Zulassung der neuen hoffnungsvollen Krebstherapie CAR-T erwartet. Die Möglichkeiten sind enorm, die Kosten aber auch. In Amerika haben die Hersteller daher „Pay for performance“ angeboten – aber in Deutschland wurden die Mischpreise für Arzneimittel gerade in einem vielbeachteten Urteil des höchsten Sozialgerichts bestätigt.
Denn die Pharmapreisbildung in Deutschland beruht bisher auf den sogenannten Mischpreisen: es wird ein einheitlicher Preis für eine neue Arznei festgelegt, von der nur ein Teil der Patienten einen höheren Nutzen hat, ein anderer Teil aber einen geringeren oder auch gar keinen zusätzlichen Nutzen. Diese Praxis führt dazu, dass innovative Arzneimittel auch entwickelt werden, wenn diese nur bei selteneren Erkrankungen oder besonders schweren Formen von Erkrankungen Wirkung zeigen.
Seit 2011 hängt die Kostenerstattung für die Pharmahersteller von der Bewertung eines zusätzlichen Nutzens ab. Es wird bewertet, wie hoch der medizinische Gewinn der neuen Arznei gegenüber der vorherrschenden Therapie ist. Dieser Zusatznutzen wird in sechs Klassen eingestuft – und auf Basis der Einstufung diese Mischpreise zwischen Arzneimittelhersteller und den deutschen Krankenkassen verhandelt.
Urteil über Erstattungsbeträge der Arzneimittel Mischpreise
Aus einer solchen Verhandlung heraus kam es zum gerichtlichen Verfahren. Das Landessozialgericht Berlin-Brandenburg entschied im Juni 2017 über zwei Klagen des Spitzenverbandes der gesetzlichen Krankenkassen (GKV) um die Festsetzung des Erstattungsbetrages für zwei Arzneimittel (Eperzan® bzw. Zydelig®). Den von der Schiedsstelle nach § 130b SGB V (Sozialgesetzbuch (SGB)) jeweils gebildeten Mischpreis sah der GKV-Spitzenverband als rechtswidrig an und so urteilte auch das Landessozialgericht Berlin-Brandenburg. Grundsätzlich argumentierte das Landgericht mit einer Begründungspflicht für die Mischpreiskalkulation, die nach Ansicht des Landgerichts nicht ausreichend erfüllt wurde.
Im Übrigen äußerte das Landgericht erhebliche rechtliche Bedenken gegen die Kalkulation eines Mischpreises. Ein Mischpreis führe zu Preisverzerrungen, da unwirtschaftliche Arzneimittelpreise von der GKV erstattet werden müssten für die Behandlung von Patienten ohne Zusatznutzen. Für die Behandlung von Patienten mit Zusatznutzen komme es hingegen durchweg zu einer Erstattung zu niedriger Arzneimittelpreise, was die Rechte der Pharmaunternehmer verletze.
Dem widersprach das Bundessozialgericht. Das Urteil des Bundessozialgerichts und ebenso das Urteil aus der anhängigen Revision vom 4. Juli 2018 beruhigte den deutschen Aufruhr um die Preisbildung für neue Medikamente wieder. Der von der beklagten Schiedsstelle konkret festgesetzte Erstattungsbetrag sei revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Ein Erstattungsbetrag sei nutzenadäquat festzusetzen, ohne dass das Gesetz in allen Details Vorgaben dazu enthält, nach welchen Kriterien der vom Gemeinsamen Bundesausschuss (GBA) festgestellte Zusatznutzen monetär zu bewerten ist.
Quelle: Wissenschaftliches Institut der AOK
Was bedeutet das für die neue Krebstherapie in Deutschland?
Bis auf weiteres bleibt in Deutschland also die Preisbildung als Mischpreis erhalten, eine Variante „Pay for performance“ würde dem widersprechen. Die CAR-T Krebstherapie bietet allerdings eine ungewöhnliche Hoffnung auf Heilung schon in kurzem Behandlungszeitraum mit teils heftigen Begleiterscheinungen in der Therapie. Die Europäische Arzneimittelbehörde hatte die Zulassung der CAR-T Therapie wegen der außergewöhnlichen Heilungschancen im Juni empfohlen.
Hoffnungen auf Heilung sind enorm, die Kosten aber auch
Die Preise aber, die für diese Therapie in den USA von dern Herstellern Gilead und Novartis aufgerufen werden, sind bekannt und exorbitant. Gilead verlangt für „Yescarta“ (eine Therapie von B-Zell-Lymphomen) 373 000 Dollar, Novartis für „Kymriah“ (eine Therapie von Leukämie) 474 000 Dollar, berichtete die Frankfurter Allgemeine Zeitung am 25. August (Andreas Mihm: „Hoffnung auf Krebsheilung für 400 000 Euro“). In diesem Beitrag der FAZ wurde auch Birgit Fischer zitiert, Hauptgeschäftsführerin des Verbands forschender Arzneimittelhersteller. Individualisierte Erstattung sei keine universelle Systemalternative, sondern könne eine interessante Ergänzung zum heutigen Preissystem der Mischepreise sein.
Es ist aber unklar, wie ein solches Modell im System der gesetzlichen Krankenkassen ausgestaltet sein könnte.
Vorerst wird die neue CART-T Therapie nach bewährtem Vorgehen verfügbar sein, und das bedeutet streng reglementiert: die Therapie soll den Patienten vorbehalten sein, bei denen andere Behandlungsversuche keinen Erfolg haben. Auch soll die Therapie nur in spezialisierten Zentren erfolgen, um einen indikationsgerechten Einsatz zu gewährleisten. Gute Dokumentation in Patientenregistern soll zudem eine Kontrolle des Therapieerfolgs ermöglichen und auch das Risikoprofil deutlicher machen.
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Quellen:
Bundessozialgericht Terminbericht Nr. 31/18
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