Passend zum Weltkrebstag und doch relativ unbemerkt hat sich vor wenigen Tagen eine wichtige Patententscheidung ereignet. Das Europäische Patentamt widerrief ein erteiltes Patent auf die CRISPR-Genombearbeitung, die als die Schlüsseltechnologie im Kampf gegen Krebs gilt.
Die Patenterteilung in der CRISPR-Technologie ist bereits seit Jahren ein bitter umkämpfter Fall mit zusätzlichen Verwicklungen durch unterschiedliche Patenterteilungen in der EU und in den USA. Dass nun ein wichtiges EU-Patent (2771468 B1) des in Amerika führenden Broad Institute des MIT widerrufen wurde, könnte weitere bereits erteilte europäische Patente in Frage stellen. Damit wäre das eigentlich schon entschiedene Rennen um die Erfinderrechte an der CRISPR-Technologie wieder eröffnet.
Der Sachverhalt
Im Grunde stehen sich zwei Erfindergruppen und gleichzeitig zwei der großen amerikanischen Universtäten unversöhnlich gegenüber: das Broad Institute of MIT and Harvard mit dem Erfinder Feng Zhang und die University of California Berkeley mit den Erfinderinnen Jennifer Doudna und Emmanuelle Charpentier.
Doudna und Charpentier hatten im Mai 2012 in einer wissenschaftlichen Publikation ihre „Erfindung“ von CRISPR-Cas als Genome Editing-Verfahren beschrieben, das allgemeiner als genetische Schere bezeichnet wird. Im gleichen Jahr reichte die University of California für Doudna und Charpentier einen entsprechenden Patentantrag bei dem Amerikanischen Patent- und Trademark Office (USPTO) ein. Das beschriebene Verfahren war eine absolute Neuentdeckung und kann auf verschiedenste Zellen angewandt werden.
Feng Zhang vom Broad Institut des MIT (Masschusetts Institute of Technology) und der Harvard-Universität wiederum hatte mit seinem Team erst 2013 ebenfalls zu CRISPR publiziert und sofort einen Patentantrag gestellt. Dies geschah wenige Monate später als die Patentanmeldung von Doudna und Charpentier. Zhang und sein Team hatten zum ersten Mal CRISPR bei eukaryotischen, also Maus- und menschlichen Zellen angewandt.
Das amerikanische Patentamt sprach ihm das Patent für die lukrativen CRISPR-Anwendungen bei „höheren“ Lebewesen (Eukaryonten) zu, weil es einen Fortschritt gegenüber der Methode von Doudna und Charpentier erkannte. Seine beiden Konkurrentinnen Jennifer Doudna und Emmanuelle Charpentier erhielten das Patent auf das Verfahren. Die University of California hat Einspruch gegen die Entscheidung eingelegt, der zwar in 2017 in erster Überprüfung abgelehnt wurde, aber dennoch aktuell weitergeht – das Ergebnis ist offen.
EPA widerruft wichtiges CRISPR-Patent des Broad Institute des MIT
Das jetzt widerrufene Patent ist wichtig für das Broad Institute, weil darin mehrere Bezüge auf ältere Patentrechte enthalten sind.
Das EPA begründete den Widerruf mit zwei Argumenten:
Zum einen wurden die eingetragenen Namen der Erfinder thematisiert. Da es bei der europäischen Patenteintragung unterlassen wurde, den Miterfinder Luciano Marraffini von Rockefeller mit zu nennen, erkannte das Europäische Patentamt auf Ungültigkeit des Patents. Der gleiche Konflikt zwischen Rockefeller und dem Board Institute wurde allerdings in 2017 in den USA durch ein Schiedsgericht zu Gunsten des Board Institutes entschieden.
Darüber hinaus erkennt das EPA nicht dieselben Prioritätsdaten für die Erfindungen an wie das amerikanische Patentamt (USPSTO). Hier liegt die eigentliche Brisanz der aktuellen Entscheidung: denn das Board Institute wollte mit dem widerrufenen Patent belegen, dass frühere Daten ihrer US-Patente vor anderen in Europa angemeldeten Patenten liegen.
Die Broad Institute beabsichtigt, die Entscheidung bei der Beschwerdekammer des EPA anzufechten.
Offenes Patentportfolio als Ausweg im CRISPR Dauerkonflikt
Seit dem letzten Jahr positioniert sich das Broad Institute aber auch als großzügiger Patentteilhaber. Es wurden Möglichkeiten gesucht, die CRISPR-Genombearbeitungstechnologie für die Forschung weithin verfügbar zu machen, da es sich möglicherweise um die bahnbrechende Schlüsseltechnologie für Krebsbehandlung handelt. Das Broad Institute verwaltet ein robustes CRISPR-Cas9-Patentportfolio mit wichtigen CRISPR-Cas9-Patenten in den USA und Europa im Zusammenhang mit der Verwendung von CRISPR-Cas9 in eukaryontischen Zellen. Es vergibt nicht-exklusive Lizenzen für ihr geistiges Eigentum CRISPR/Cas an forschende Non-Profit-Organisation und Universitäten – für den Zeitraum von zwei Jahren. Auch beteiligt es sich an der Organisation MPEG LA (an der unter anderem Apple, France Télécom, Fraunhofer-Gesellschaft e.V., Mitsubishi Electric, Sony, US Philips und Microsoft Rechte halten), die internationale Patentpools betreut. Dies ist auch wichtig, denn während sich die beiden Erfinderlager unerbittlich bekämpfen, wird in China bereits in der Praxis das CRISP-Verfahren ausprobiert, wie der MIT Technlogy Review berichtete. Auch an der University of Pennsylvania stehen Ärzte demnach kurz davor, eine klinische Studie mit CRISPR zu starten, um menschliche Immunzellen zu stärken gegen Krebstumore.
Neue Patente im CRISPR Bereich
Beide Konkurrenten versuchen ohnehin, mit weiteren neuen Patenten ihre Erfinderrechte zu manifestieren. So hat im November 2017 ein erstes Unternehmen (Excision BioTherapeutics) exklusiv die neuen CRISPR-Systeme lizenziert, die Jennifer Doudnas Gruppe 2016 entdeckt hat. Dieses System arbeitet mit kleineren Proteinen als die bisherigen Cas9-Proteine (CasY und CasX). Und das Board Institute sicherte sich im September 2017 ein Patent auf CRISPR-Cpf1 anstelle des Cas9 Proteins. Auch dort verspricht man sich, ein noch besseres Schneideprotein gefunden zu haben.
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Quellen:
Letter Nature on New CRISP System
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