Ein 3-D Muster aus sich kreuzenden Wellenlinien kann nicht als Bildmarke geschützt werden, urteilte der EuGH. Das Gericht sah die Nachweispflicht nicht als ausreichend erbracht – eine „wahrscheinliche Verwendung“ sei kein relevantes Kriterium.
Markeneintragung von EUIPO verweigert
Klägerin in diesem Fall ist die Rechtsnachfolgerin der Birkenstock Orthopädie GmbH & Co. KG, die Birkenstock Sales GmbH. Im Juni 2012 hatte Birkenstock beim Internationalen Büro der Weltorganisation für geistiges Eigentum (WIPO) auf der Basis einer deutschen Marke die internationale Registrierung einer Bildmarke unter anderem für die Europäische Union erwirkt. Diese Bildmarke zeigte ein 3-D Muster aus sich kreuzenden Wellenlinien, das unter anderem für die Waren „Schuhwaren, Schuhsohlen“ eingetragen werden sollte. Das Europäische Patent- und Markenamt (EUIPO) lehnte diese Markeneintragung jedoch ab wegen der fehlenden Unterscheidungskraft des streitigen Zeichens im Sinne von Art. 7 Abs. 1 Buchst. b der EU-Verordnung Nr. 207/2009.
Die daraufhin angerufene Beschwerdekammer des EUIPO lehnte die Markeneintragung ebenfalls ab. Das Zeichen stelle sich in einer sich wiederholenden Sequenz dar, die in alle vier Richtungen des Quadrats fortgeführt und daher auf jeder zwei- oder dreidimensionalen Oberfläche aufgebracht werden könne. Das streitige Zeichen werde daher unmittelbar als Darstellung eines Oberflächenmusters wahrgenommen, so die Beschwerdekammer.
Da die Verbraucher aus Zeichen, die mit dem Erscheinungsbild der Waren selbst verschmelzen, gewöhnlich nicht auf die betriebliche Herkunft der Waren schlössen, besäßen diese Zeichen nach der Rechtsprechung nur dann Unterscheidungskraft, wenn sie erheblich von der Norm oder der Branchenüblichkeit abwichen.
EuGH sieht Nachweispflicht
Der Europäische Gerichtshof bestätigte diese Ansicht und stellte fest, dass eben dieser Nachweis nicht erbracht worden sei. Es sei Aufgabe des Markenanmelders, durch konkrete und fundierte Angaben nachvollziehbar zu machen, dass die Musterdarstellung, die mit einer Ware verschmolzen ist, erheblich von der Norm abweiche. Denn nur dann erfüllten die Muster ihre wesentliche herkunftskennzeichnende Funktion. Die von der Klägerin vorgelegten Bilder von Schuhen seien nicht geeignet, das Vorliegen einer deutlichen Abweichung des streitigen Zeichens von den Normen und Üblichkeiten der Schuhbranche zu belegen. Denn sämtliche vorgelegte Bilder zeigten die Oberseite der Innensohlen.
Würde das Gericht als Kriterium außerdem das der „wahrscheinlichsten Verwendung“ aufstellen, wie es die Rechtmittelführerin mit Bezug auf die allgemeine Rechtsprechung geltend gemacht hatte, würden an Bildmarken mit sich wiederholenden Bestandteilen für die Beurteilung ihrer Unterscheidungskraft weitaus strengere Maßstäbe angelegt als an andere Markenformen.
Kriterium für ein Oberflächenmuster
Das Gericht prüfte zudem auch die Frage, welches das relevante Kriterium ist, durch das ein als Bildmarke bezeichnetes Zeichen, das aus einer Serie sich regelmäßig wiederholender Bestandteile zusammengesetzt ist, als Oberflächenmuster für die betreffenden Waren angesehen werden kann. Der entscheidende Gesichtspunkt dafür sei nicht die Einstufung des betreffenden Zeichens als „Bildzeichen“, „dreidimensionales Zeichen“ oder sonstiges Zeichen, sondern die Tatsache, dass es mit dem Erscheinungsbild der gekennzeichneten Ware verschmilzt.
Unterscheidungskraft dreidimensionaler Marken
Das Gericht betonte auch, es sei zutreffend, dass die Kriterien für die Beurteilung der Unterscheidungskraft dreidimensionaler Marken, die aus dem Erscheinungsbild der Ware selbst bestehen, keine anderen sind als für die übrigen Markenkategorien.
Eine 3-D Marke, die aus dem Erscheinungsbild der Ware selbst besteht, wird aber vom Durchschnittsverbraucher nicht zwingend in der gleichen Weise wahrgenommen wie eine Wort- oder Bildmarke. Denn wenn grafische oder Wortelemente fehlen, so schließen die Durchschnittsverbraucher aus der Form der Waren oder der ihrer Verpackung gewöhnlich nicht auf die Herkunft dieser Waren.
Einstufung als Mustermarke ist irrelevant
Der Generalanwalt stellte in seinem Schlussantrag als Zwischenergebnis fest, dass die Anwendbarkeit der Kriterien für die Beurteilung der Unterscheidungskraft, die von der Rechtsprechung ursprünglich im Kontext bestimmter dreidimensionaler Marken entwickelt worden sind, nicht von der Einstufung der betreffenden Marke abhänge. Daher sei es irrelevant, ob es sich zum Beispiel um eine Mustermarke handelt.
Diese Rechtsprechung, die für dreidimensionale, aus dem Erscheinungsbild der Ware selbst bestehende Marken entwickelt wurde, sei ebenfalls einschlägig, wenn die angemeldete Marke eine Bildmarke ist, die aus der zweidimensionalen Darstellung der Ware besteht (Juni 2006, Storck/HABM, C‑25/05 P, EU:C:2006:422), oder auch, wenn die angemeldete Marke ein Zeichen ist, das aus einem auf der Oberfläche einer Ware angebrachten Muster besteht (Juni 2004, Glaverbel/HABM, C‑445/02 P, EU:C:2004:393).
Denn auch in diesen beiden Fällen bestehe die Marke nicht aus einem Zeichen, das vom Erscheinungsbild der zugehörigen Waren unabhängig ist, führte der Generalanwalt aus.
EuGH lehnt Markeneintragung ab
Der EuGH bestätigte mit seinem Urteil die Argumentation des EUIPO, der Beschwerdekammer des EUIPO und auch des Generalanwalts. Die strittige Mustermarke könne wegen mangelnder Unterscheidungskraft nicht als geschützte Marke eingetragen werden. Letztlich ist dieses Urteil analog zu der allgemeinen Rechtsprechung für 3 D Marken. Denn dreidimensionale Formen können in der Regel als Marken geschützt werden, jedoch nicht, wenn die Form ein “wesentliches Gebrauchsmerkmal” des Produktes ist.
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